Volltext: Ueber geometrisch-optische Täuschungen [In drei Teilen] (11)

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Armand Thiéry. 
Streifens die Schenkel eines stumpfen Winkels zu bilden scheinen, 
dessen Scheitel abwechselnd nach oben oder nach unten gerichtet 
ist. Diese Ansicht ist derjenigen identisch, welche wir an Prismen 
soeben beschrieben haben (Fig. 11). 
Momentane Beleuchtung. Helmholtz beobachtete, dass, 
wenn das Gesichtsfeld dunkel ist und das Zöllner’sche Modell nur 
von einigen elektrischen Funken beleuchtet wird, die Täuschung 
stark abnimmt, ohne jedoch gänzlich zu verschwinden. Auf die 
Entwickelung der Tiefenvorstellungen sind vor allem die Bewegungen 
des Auges von Einfluss1). Bei einer momentanen Beleuchtung werden 
diese Bewegungen kaum möglich, also wird in diesem Falle die 
Täuschung abnehmen. Zöllner hat jedoch das entgegengesetzte 
Resultat als Helmholtz erhalten. Er hat Versuche veröffentlicht, in 
welchen die Täuschung bei momentaner Beleuchtung sich vergrößerte. 
Diese abweichenden Resultate enthalten jedoch nur einen schein¬ 
baren Widerspruch. Dieser erklärt sich leicht, wenn man in Erwägung 
zieht, dass Zöllner horizontale, Helmholtz dagegen verticale 
Längsstreifen beobachtete. Denn bei horizontalen Längsstreifen ent¬ 
sprechen die Augenbewegungen, welche an den Längsstreifen entlang 
in horizontaler Richtung ausgeführt werden, einer gleichen Entfernung 
beider Enden jedes Längsstreifens, und dadurch wird die Täuschung, 
wie bemerkt, auf ein Minimum reducirt. Werden dann bei mo¬ 
mentaner Beleuchtung die Augenbewegungen kaum oder gar nicht 
möglich, so wird die Täuschung vergrößert. Gerade das Entgegen¬ 
gesetzte findet aber statt bei Beobachtung der verticalen Längs¬ 
streifen; die Täuschung wird nämlich in diesem Falle in Folge der 
ungleichen Tiefenprojection beider Enden der Längsstreifen durch 
die mit den entsprechenden Convergenzänderungen verbundenen 
Augenbewegungen begünstigt. Zöllner beobachtete noch deutlicher 
die Vergrößerung der Täuschung bei einer Momentbeleuchtung einer 
pseudoskopischen Figur, deren Querlinien symmetrisch zu einer Achse 
liegen (Fig. 9). Bei solchen Figuren bemerkte Helmholtz, dass 
der Einfluss der Augenhewegungen noch auffallender ist, und zwar 
so, dass die in der Richtung der parallelen Hauptlinien ausgeführte 
Augenbewegung die Täuschung vermindert. Durch die symmetrische 
1) Wundt, Menschen- und Thierseele, 2. Aufl. S. 185.
	        
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