Volltext: Untersuchungen über die Grundlagen der Mathematik, Fortsetzung zu Band X, S. 202 (11)

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Gotti. Friedrich Lippg. 
Formen. Eben deswegen ist es auch möglich, die Zahlenreihe als 
gegeben hinzunehmen, ohne sich um ihren Ursprung zu kümmern. 
Alsdann kann aber nur die praktische Bedeutung der Zahlenreihe 
eingesehen werden, die es ermöglicht, ein System gleicher Objecte 
zu erfassen und zu ordnen und dabei die Glieder der Zahlenreihe 
als Antworten auf die Frage: »wie viel« oder: »der wie vielte« zu 
verwenden. 
Die Möglichkeit, die Frage nach der Herkunft der Zahlenreihe 
unbeantwortet zu lassen, entbindet jedoch nicht der Verpflichtung, 
diese Frage zu beantworten, wenn man die logische Natur der 
Zahlenreihe erkennen will. Da sich nun die Zahlenreihe als das 
objective Bild der Reihenform des Denkens darstellt, so erschöpft 
sich ihre Bedeutung darin, dass man von einem Anfangsgliede 
»Eins« zu einem folgenden Gliede »Zwei« und von diesem zu 
einem weiteren Gliede »Drei« u. s. w. übergehen kann, ohne an 
ein letztes Glied zu gelangen. Die Zahlen: Eins, Zwei, Drei u. s. w. 
sind darum zunächst weder Anzahlen noch Ordnungszahlen, sondern 
nichts weiter als Glieder der Zahlenreihe, die mit den Merk¬ 
malen der Reihenform behaftet sind. 
Daraus folgt, dass die Zahlen lediglich als Glieder der Zahlen¬ 
reihe der Untersuchung zu Grunde gelegt werden können, und dass 
hierbei nur die Eigenschaften, -welche die Reihenform des Denkens 
auszeichnen und in den Axiomen der Normalreihe (§ 5) ihren Aus¬ 
druck bereits gefunden haben, von maßgebendem Einfluss zu sein 
vermögen. Bezeichnet man nun die Thätigkeit des Denkens, durch 
welche die Zahlenreihe zum Gegenstand wissenschaftlicher Unter¬ 
suchung wird, als Zahlenoperation, so sind demgemäß auf 
Grund der früher entwickelten Axiome die Operationsarten 
und Operationsgesetze zu bestimmen, wenn zuvor festgestellt 
ist, wie überhaupt eine Bethätigung des Denkens an den Zahlen 
oder ein Operiren mit den Zahlen möglich ist. 
Da die Zahlenreihe das im Bewusstsein objectivirte, gleichsam 
erstarrte Bild des in lebendigem Flusse von einem Apperceptions- 
akt zum anderen fortschreitenden Denkens ist, so kann das Denken 
an der Zahlenreihe auch nur im der Form sich bethätigen, welche 
in dieser Reihe ihre Darstellung finden soll: man kann nur von 
einem Gliede der Reihe zu einem anderen übergehen und dabei
	        
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