Ontersuchungen über die Grundlagen der Mathematik.
279
Ordnens ist, das nicht an und für sich, sondern nur in den Erzeug¬
nissen der an die Reihenform gebundenen Denkthätigkeit erfassbar
ist, so kann lediglich die Normalreihe als directes Untersuchungs-
object dienen, denn sie stellt den Zustand des Bewusstseins dar,
der entsteht, wenn einzig und allein das reihenförmig fortschreitende
Denken den vorhandenen Bewusstseinsinhalten gegenüber sich be-
thätigt, und wenn, damit dies möglich ist, bloß das "Vorhandensein,
nicht aber die Verschiedenheit der Bewusstseinsinhalte in Betracht
gezogen wird.
Die Normalreihe ist nun aber nichts anderes als die
Zahlenreihe. Dies bedarf keines Beweises; es folgt vielmehr
unmittelbar daraus, dass die Form I der Normalreihe die Zahlen¬
reihe in der gebräuchlichen Form darstellt, wenn an Stelle der
Buchstabenfolge a,b,c,d die Zeichenfolge:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, ?
zu Grunde gelegt wird. Dabei wird das Zeichen ? bloß vorüber¬
gehend in dem Schema I* eingeführt; in der Bezeichnung der
Reihenglieder wird es durch das Zeichen 10 ersetzt, so dass that-
sächlich das System der Glieder der Normalreihe mit unserem von
den Indern ausgebildeten Zahlensystem übereinstimmt.
Man könnte allerdings einwenden, dass so zwar das sogenannte
indische und in ähnlicher Weise jedes andere auf die Position der
Zahlzeichen gegründete Zahlensystem in voller Identität mit der
Normalreihe sich ergibt, dass aber das System der Zahlwörter und
die nicht auf der Position beruhenden Zahlzeichensysteme davon
auszuschließen seien. Dieser Einwand wäre jedoch nicht stichhaltig.
Denn die zuletzt genannten Zahlenbezeichnungen kann man als
Beispiele von unvollkommenen Lösungen des Problems der
Normalreihe entwickeln.
Sie bieten sich ungesucht dar, wenn man nicht eine ins End¬
lose gehende, sondern nur eine den praktischen Bedürfnissen ent¬
sprechende, hinreichend weit gehende Reihe zu construiren sucht.
Zu diesem Zweck mit einer einzigen Folge von Bewusstseinsinhalten
m der Weise sich zu begnügen, dass die Glieder der Normalreihe
nur so weit markirt werden, als jene Folge reicht, ist unthunlich,
da sie entweder zu kurz wäre oder bei genügender Erstreckung an