Untersuchungen über die Grundlagen der Mathematik.
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den Antheil der Denkformen an der Gestalt unserer Erkenntnisse
hervorzuheben und weiterhin die durch die Natur des Bewusstseins
bedingte Bethätigung des Denkens zu untersuchen, wenn es sich
um die Erörterung der Grundlagen, des Werdens und der Ziele
des Erkennens handelt. Im Zusammenhang mit den umfassenden-'
Problemen der Erkenntnissthèorie dienen jedoch solche Unter¬
suchungen bloß als Hülfsmittel, während die in den Natur- und
Geisteswissenschaften gebotene Erkenntniss das wesentliche Interesse
beansprucht. Die letztere ist jedoch im vorliegenden Fall ohne,
Interesse; denn das Gegebene wurde als bloßes Erlebniss ohne
Beurtheilung seiner Herkunft zu Grunde gelegt, und das Denken
soll sich in der Bearbeitung der Bewusstseinsinhalte bethätigen,
ohne durch hypothetische Ergänzungen eine wahre oder vermeint¬
liche Erkenntniss des Ichs und der Welt erreichen zu wollen.
In Folge dessen stellt sich das hier in seiner Eigenart erörterte
Forschungsgebiet als ein wohl umgrenztes, selbständiges Gebiet der
Erkenntnisstheorie dar. Es verlangt daher eine besondere Bearbeitung,
die um ihrer selbst willen und nicht wegen ihrer Bedeutung für
andere Gebiete zu leisten ist. Eine solche soll nun im Folgenden
versucht werden.
§ 5.
Das Denken, wie es sich auf Grund des Vorhandenseins von
Bewusstseinsinhalten im Bewusstsein als reihejjformiges Fortschreiten
von einem Apperceptionsakt zum anderen bethätigt, soll zunächst
den Gegenstand der Beflexion bilden.
Man muss daher vor allem ein deutliches Bewusstsein von diesem
Denkprocess zu erlangen suchen. Dies erreicht man, wenn man jedes
einzelnen Apperceptionsaktes, unterschieden von jedem anderen, und
damit auch jedes Uelnygangs von dem einen zum anderen, unter¬
schieden von jedem anderen, bewusst wird.
Es bestehen nun die Apperceptionsakte, an und für sich be¬
trachtet, in der Wiederholung eines und desselben Processes. Hin¬
sichtlich der Denkthätigkeit, auf der sie beruhen, sind sie daher
nicht unterscheidbar, sondern völlig gleichwerthig. Es kann jedoch
jeder einzelne Apperceptionsakt durch die individuelle Beschalfenheit