Weitere Bemerkungen über psychische Messung.
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den exacten physikalischen Wissenschaften in mancher Beziehung Zu¬
rückbleiben werde, habe ich ausdrücklich hervorgehoben.
Auf die Verhältnisse der psychischen Zeitmessung eingehend, be¬
streitet der Verfasser nicht, dass wir »die Dauer einer stetig verlaufenden
Reihe von psychischen Thätigkeiten auf die uns geläufigen Zeitmaße
zurückführen« können. Aber wir seien nicht im Stande, ihre Ge¬
schwindigkeit zu messen, weil es uns hier an einem genauen Maß
der Geschwindigkeit fehle, wie wir ein solches hei den mechanischen
Bewegungen in dem Verhältniss des durchlaufenen Raumes zur Zeit
besitzen. Natürlich ist dieses Maß der Geschwindigkeit hei den
psychischen Vorgängen nicht verwendbar, sondern es kann hei
ihnen immer nur das Verhältniss der Zahl einer Reihe gleichartiger psy¬
chischer Acte zu der Zeit, die zu ihrem Vollzug erforderlich ist, ermit¬
telt werden. In diesem Sinne aber, muss ich wiederholt behaupten, ist
die Geschwindigkeit psychischer Vorgänge nicht nur messbar, son¬
dern es liegen auch Versuche zu solchen Messungen vor, wenn diese
gleich noch sehr der Vervollkommnung fähig sein mögen, da sich ja
das ganze Untersuchungsgebiet noch in seiner Kindheit befindet. Ich
habe in dieser Beziehung früher auf die Messung derünterscheidungs-,
Wahl- und Associationszeiten hingewiesen; ich muss jetzt auf diesen
Gegenstand etwas näher eingehen, weil Zeller durch den bloßen Hin¬
weis auf jene Versuche offenbar nicht überzeugt worden ist.
Eine Unterscheidungszeit U gewinnen wir, wie in dem Aufsatz
»über psychologische Methoden« (S. 28 dieser Studien) auseinander¬
gesetzt ist, aus der einfachen Reactiönsdauer R und der Unterschei-
dungsreactionsdauer Ru durch bloße Subtraction des einfacheren vom
zusammengesetzten Vorgang, U = Ru—R. Ebenso die Wahlzeit
W aus der mit Unterscheidung und Wahl verbundenen Reactionszeit
Ruw und der bloßen Unterscheidungsreactionszeit RU1 W — Ruw
■—Ru ; die Associationszeit A aus der Differenz Rua —Ru , u. s. w.
Die Vorgänge U, W, A sind relativ einfache psychische Acte , die in
Bezug auf ihre Dauer ebenso gut wie zwei verschiedene Bewegungen
mit einander vergleichbar sind. Wenn demnach der Vorgang V z. B.
regelmäßig um eine bestimmte Zeit kürzer ist als der Yorgang A, so
werde ich berechtigt sein, zu behaupten, dass die Unterscheidung ein
psychischer Vorgang ist, der sich schneller vollzieht als die Asso¬
ciation. Denn ich werde nun auch offenbar in einer gegebenen Zeit
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