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W. Wundt.
kommt liier gar nicht in Frage. Sie will ja nur sagen, dass überall
wo wir von Messung der Empfindungen reden, wir selbstverständlich
jene psychischen Vorgänge mit hinzuzudenken haben. Die Messung
hört aber darum nicht auf Messung zu sein, und der zu messende Vor¬
gang bleibt ein psychischer, oh er in der Empfindung allein oder in
der Apperception der Empfindung besteht.
Ebenso beruhen, wie ich glaube, die Ausführungen Zeller’s
gegen meine Behauptung, dass Außen- wie Innenwelt aus unsern Vor¬
stellungen bestehen und daher an und für sich der wechselseitigen
Maßbeziehungen nicht nothwendig entbehren müssen, auf einem Miss¬
verständnisse. Der Gedanke an das metaphysische Wesen der Dinge
lag mir bei diesem Satze völlig fern, und ich begreife schwer, wie
Zeller in diesem Zusammenhang auf die Vermuthung gerathen
konnte, ich wolle damit sagen, dass die Welt »an sich selbst nur aus
unsern Vorstellungen besteht«. Mit diesem metaphysischen Wesen
der Dinge haben weder der Physiker noch der Psycholog hei ihren
Messungen etwas zu thun ; beide bewegen sich hier vollständig in der
Welt der Vorstellungen, und darum, so meinte ich, schließe es durchaus
keinen Widerspruch in sich, wenn die Messungen beider gelegentlich
in einander eingreifen. Gegenüber diesem thatsächlichen Verhältniss
des durchgängigen Zusammenhangs unserer Vorstellungen schien
mir Zeller einigermaßen von der verbreiteten Fiction einer völlig
getrennten Außen- und Innenwelt beeinflusst zu sein, wenn er in
seinem früheren Vortrage zwischen den Veränderungen in der Natur
und den Bewusstseinserscheinungen eine Scheidelinie zog, für die
ihm das Kriterium der mechanischen Bewegung maßgebend war.
Wenn Zeller jetzt bemerkt, dass ihm diese Fiction ferngelegen habe,
so freue ich mich dieser Uebereinstimmung um so mehr, als mir damit
allerdings das hauptsächlichste Hinderniss hinwegzufallen scheint,
welches der Anerkennung einer Messbarkeit psychischer Vorgänge
entgegenzustehen pflegt. Denn die weiteren Einwände, die der Ver¬
fasser namentlich in Bezug auf die psychologische Zeitmessung bei¬
bringt, sind tlieils, wie ich glaube, durch die Versuche selbst bereits
widerlegt, theils beziehen sie sich auf Schwierigkeiten der Ausfüh¬
rung, die an und für sich nicht unbesiegbar sind. Dass übrigens in
dieser Beziehung die psychische Messung nicht nur bis jetzt weit zu¬
rückgeblieben sei, sondern voraussichtlich auch in der Zukunft hinter