Randelsempore bereitwillig, auch unterscbriftlicb zugestimmt batten, sind wieder, allem fln--
scbein nach, gänzlich zusammengesunken, leb unterlasse nicht einzusebieben, dass ich
Kontore kenne, in denen auf richtiges und gutes Deutsch strenge gehalten und mancher
Briefversucb, der kaufmännisch ganz „korrekt“ war, als unbrauchbar in den grossen Uer-
schlinger Papierkorb versenkt wird.
ln den Zeitungen ist manches besser geworden. Jlber viele dieser Cagesblätter, die
ihren Hamen von der Zeit her haben, haben selber keine — so sagen sie uns wenigstens —
um die in ewiger Eile abgefassten Hachrichten sprachlich durchprüfen zu können, und da läuft
denn noch gar mancherlei unter. Besser geht das schon bei den Wochen-- und Monatsschriften,
wo sichtliche Fortschritte zu verzeichnen sind. „Ueberwache dich selbst!“ sagen sie in recht
modischer Form zu sich selbst und andern und wirken dadurch merklich.
So ist denn, wie gesagt, Besserung eingetreten an vielen Stellen; an andern erhebt
das nicht mehr bewachte Uebel wieder langsam sein Raupt und nimmt an Kraft wieder zu.
Das giebt denn Ueranlassung zu Fragen und Klagen, die sich namentlich darauf beziehen,
dass nicht der Gedanke stets und vollständig bei uns wach ist, dass wir Pflichten gegen
die Sprache haben und dass wir auf diese halten müssen. Gerade bei Schriftstellern aber,
besonders denen, die, erschöpft von schwerem Schaffen, im Schriftstellerbeim Erholung
suchen, ist Empfänglichkeit für die Sprachschutzbestrebungen sicher vorauszusetzen, ln
diesem Kreise ist nichts in der Sprache gleichgültig, nichts unwichtig, nichts wertlos. Für
sie ist die Sprache nie fertig, ist sie vielmehr stets voll Eeben und Entwickelung. Ihnen
ist die Sprache wie ein Baum mit unzählbaren Blättern und Blüten, dessen Schönheit und
Gesundheit auch durch kleine, nur nahebei sichtbare Pilze und Wucherungen leidet. Dieser
Baum wächst mit andern Bäumen im grossen Sprachengarten. Ihn pflegen die Gärtner
seit 3abrbunderten, haben ihm auch Pfropfreiser aufgesetzt, die mit seinen gesunden
Säften neue Formen in Blüte und Frucht aufgehen lassen, dulden auch sogar Ranken von
aussen, wenn sie sich der Hatur des Stammes anpassen und in seinem Gezweig aufgehen,
immer aber unter sorgsamer Pflege. So sehen die Schriftsteller die Sprache an.
Diese empfänglichen Sprachpfleger und --freunde möchten die nachstehenden Bemerkungen
aufmerksam machen auf Schädlinge, deren Beseitigung sicherlich wichtig ist, da sie sich bis
innen hinein in die Sprache zu bohren drohen.--
Das à, um doch mit einem Fremdwort anzufangen, ist ein verbreitetes, hässliches kleines
Sprachübel, ein ganz wertloses, durchaus entbehrliches Fremdwort, das auch gar nicht erst
„neu übersetzt“ zu werden braucht, mit dem wir aber schon in der Uolksschule dem Kinde
die Sprache geradezu vergiften, indem wir dem armen, willenlosen Abc=Scbützen gleich in den
ersten Schulmonaten ein Fremdwort aufzwingen, obendrein mit fremdem Buchstabenzeichen
und einem Jlccent (Jlksang) oben darauf. Man sollte es nicht für möglich halten, aber
da wird es eingenagelt in den armen kleinen Kopf. Dieses Wortungeziefer tritt in
zwei ganz gleich schlechten Anwendungen auf, statt „zu“ bei Wertangaben und statt
„auf“ bei Verteilungen. Da wird den Kindern beigebracht, zu sagen 3V2 Pfund Mehl
à 30 Pfennig (oft schreibt das Buch noch vor „30^“, d. i. „Denare“ wie im alten Rom),
und „6 Dutzend Eier, die Mandel à so und so viel“, wo beidemal stehen müsste „zu“
statt „a“. Oder in einem andern Falle wird erzählt: „der Gefreite bestellte geschmierte
Brötchen für die Ceute, à Mann 3 Stück“, statt „auf den“ Mann. 0, das zieht sich aber
dann hinauf. Im Strassenbahnwagen hört man die Mutter schöner Cöchter sagen zum
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