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Kurt Koffkn.
nicht spontan, sondern durch die Sache veranlagt.“ Dies ist der aus¬
führlichste und klarste Ausdruck, den Versuchsperson für den Tatbestand
fand. Auch sonst hatte sie aber durchaus dasselbe Erlebnis, sie hatte
auch schon vorher betont, dafs obwohl ihr Vorstellen akustisch und ohne
jede wahrgenommene Bewegung war, das ganze Erlebnis doch durchaus
aktiv sei.
Von Fräulein K. erhielten wir bei Besprechung der Versuche mit
Nebeninstruktion II hierher gehörige Angaben. Sie nannte das, was aufser
dem Vorstellungsmäfsigen, Optischen, im Bewufstsein war, „Mitmachen.“
Wir wollen die Ergebnisse, die mit dieser Nebeninstruktion gewonnen
wurden, nun noch weiter betrachten. Es trat nämlich bei ihr ein sehr
merkwürdiges, sonst nie beobachtetes Phänomen auf. Als ihr im Tempo
460 a eine Viergruppe geboten war, gab sie an: „Es waren vier Lichter,
das vierte war betont, gezählt habe ich nicht. Um nicht zu zählen, sagte
ich Worte vor mich hin, d. h. ich sprach sie nicht aus, sondern hatte sie
nur im Bewufstsein, aber sie waren rhythmisch. Es kam kaum zum Be¬
wufstsein, was für Worte es waren, ich kann mich nur noch erinnern, dafs
„Wald“ und „Taube“ dabei waren. Ich habe die Worte nur gedacht ohne
die geringste Tendenz sie auszusprechen. Ich tat dies, um nicht zu zählen,
denn etwas tun mufs ich. Wenn ich einen Rhythmus höre, so sind das für
mich immer irgendwelche Tätigkeiten. Auch beim Anhören von Musik habe
ich immer solche Worte, oder auch nur Lautkombinationen. Das Visuelle
kam und ging mit dem Sprechen, doch nicht auf jedes Wort ein Licht.
Die Worte kamen unaufhörlich, und die Worte, auf die ein Licht kam,
waren betont, d. h. sie wurden länger und intensiver gedacht, jedes vierte
(betonte) am meisten. Der Rhythmus liegt nicht in den Worten, sondern
die Worte sind nur ein Ausdruck des im Bewufstsein liegenden Rhythmus.
Die Worte entspringen aus dem Rhythmus, nicht umgekehrt. Die Lichter
bestimmen den Rhythmus der Worte. In ihnen liegt der Erinnerungs¬
rhythmus, der lebendige Rhythmus liegt im Bewufstsein.“ Ganz dasselbe
trat beim übernächsten Versuche auf, Viergruppen im Tempo 460 a
bei dem jeglicher Ausdruck untersagt war, und im Falle dies nicht gehen
sollte, solche Worte gestattet waren : „Als ich die Lichter sah, sagte ich:
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wunderbare Mädchen gingen im Walde
dies habe ich zweimal wiederholt, um den Rhythmus einzuprägen. Die
Worte sind visuell — auch etwas von Mädchen und Wald visuell. Andere
Wortverbindungen waren:
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Dann gingen sie nach Hause jedoch
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Knaben begleiteten den Jüngling am Wege.
Der Rhythmus war im Bewufstsein und mufste sich in einer Tätig¬
keit äufsern, diese waren die gedachten Worte. Auf den Sinn der Worte
achtete ich nicht, aber das Wort mufste in den Rhythmus passen. Der
Rhythmus ist das, was das Bewufstsein ausfüllt.“
Diese Angaben sind von besonderer Wichtigkeit, da sie auf
den Zusammenhang von Rhythmus und Vorstellungsreihen ein