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Hamme gehalten wurde, langsam vor dem Anblaseröhrehen vorüber; behind sieh das Loch vor dem
Röhrchen, so wurde der Luftstofs so stark, dais die Flamme verlöschte; wurde aber das Loch
weiter geführt, so verschwand bald jede Spur von Bewegung an der Flamme. Der Abstand, wo
dieses Verschwinden eintrat, wurde zu beiden Seiten gemessen und mit dem Löcherabstande1) ver¬
glichen; der letztere Abstand ist 2 1, der erstere 2 l, sofern wenigstens angenommen werden darf2),
dafs auch bei schneller Drehung der jedesmalige Lul'tstofs nur so lange dauert, als Wind durch
die Öffnung selbst strömen kann.
Da Seebeck die Form der Luftstüfse als ganz beliebig vorausgesetzt hatte, so suchte er
Änderungen der Werte der Gröfsen c und d durch Änderungen der Form der Luftstüfse hervor¬
zubringen, indem er den Löchern verschiedene Gestalt gab. An Stelle der bis dahin gewöhnlich
angewendeten runden Löcher setzte er längliche oder nach einer Seite spitz zulaufende, letzteres,
um die beiden Hälften des Eindruckes unsymmetrisch zu machen. Um diese Asymmetrie noch zu
steigern, wurde die Öffnung des Anblaseröhrchens abgeändert und ebenfalls nach der einen Seite
spitz zulaufend gemacht, und dann die Scheibe so gedreht, dafs zuerst die spitzen und zuletzt die
breiten Seiten der beiderlei Öffnungen einander gegenüberkamen, oder umgekehrt. Auch bei diesen
in der Form abgeänderten Löchern machte er, wie früher bei den runden, die Abstände kleiner
und gröfser.
Schliefslich ersetzte Seebeck die Luftstüfse noch durch die Schläge einer Kartenblattspitze
gegen die Löcher der rotierenden Scheibe; auch hier waren natürlich die Werte der Gröfsen c und
d ganz andere, und das Verhältnis y noch viel kleiner als in den anderen Fällen.
Die Ergebnisse seiner Versuche fafste Seebeck folgendermafsen zusammen3): „Man kann
nicht umhin, anzunehmen, dafs unter diesen vielfachen Abänderungen des Versuches es sich sehr
häufig getroffen haben müsse, dafs Ci2 -|~ D;2 für den einen oder den anderen Wert von i, viel¬
leicht für viele Werte zugleich, gröfser war als für i = 1, so dafs, wenn jene Quadratsumme das
Mals für die Stärke des Tones --y wäre, man den Grundton mit einer sehr auffallenden Beimischung
von harmonischen Obertönen hätte hören müssen. Allein dieses war nie der Fall, und ich konnte
bei allen Versuchen, welche ich teils früher, teils jetzt hundertfältig angestellt habe, nie mehr als
ein „äufsersl“ schwaches Mitklingen eines oder des anderen Beitones erkennen, und dieses nur bei
sehr geschärfter Aufmerksamkeit. Ich wiederhole hierbei, dafs wenn ein solcher Beiton gehört wird,
er zu verschwinden pflegt, wenn man die Stellung des Ohres verändert. Der einzige Unterschied,
der bei allen jenen Abänderungen bemerkt werden kann, bezieht sich auf den „Klang“, welcher bei
getrennten Eindrücken mehr schnarrend, und bei solchen, welche ineinander iliefsen, mehr pfeifen¬
artig ist4)- In diesem Verhalten, dafs nämlich an der Sirene die Beitöne, welche, der engeren
Definition zufolge, in der Regel vorhanden sein und oft sehr stark zu erwarten sein würden, der
]) Der Lücherabstand ist immer die Entfernung der Mittelpunkte zweier benachbarter Löcher.
’) Diese Annahme ist nicht ganz gerechtfertigt, wie Ohm a. a. 0. gezeigt hat.
3) Pogg. Ann. LXIII, p. 374—375.
4) In einer diesem Passus hinzugefügten Fufsnote [berührt Seebeck, und zwar nur dieses einzige Mal,
die Untersuchungen Cagniards de la Tour über den Klang der Sirenentöne. (cf. Teil I, p. 17, Note 2; Teil II, p. 1(1,
Note 3. Ferner Ann. de chim. et de phys. LVI, p. 255; Dove, Repert. d. Phys. VIII, Akustik, p. 15.)
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