3°i
Bahn gebrochen zu haben. Wenigstens heisst es von Apelles, er
habe seinen Zeitgenossen Protogenes in allem, bewundert bis auf
eines, nämlich die allzusorgfältige Ausführung. Er, Apelles, sei seinem
Nebenbuhler darin überlegen, dass er zur rechten Zeit die Hand vom
Bilde wegzunehmen wisse. Denn eine zu sorgfältige Ausführung
schade der Wirkung. Es ist gewiss kein Zufall, dass gerade die
alexandrinische Zeit, in der sich diese Erkenntnis durchsetzte, nach
dem Urteil der Alten als die höchste Blütezeit der Malerei galt.
In Italien beginnt diese Entwickelung schon in der ersten Hälfte
des 16. Jahrhunderts. Wenigstens kann man in diesem Sinne das
sfumato des Leonardo deuten, das den Zweck hatte, der harten
und trockenen Manier, den schneidenden Umrissen der Quattro¬
centisten ein Ende zu machen. Hollanda, Dolce und Vasari sind
vollkommen einig darüber, dass eine gewisse Leichtigkeit der
Mache zur Wirkung eines Bildes dazugehöre. Man solle, so
meinten sie, bei der Ausführung zwar die grösste Sorgfalt an¬
wenden, aber doch den Pinsel so führen, dass das Bild leicht und
mühelos entstanden zu sein scheine. Die konsequente Ausbildung
dieses Prinzips bringt aber erst das 17. Jahrhundert. Deshalb be¬
zeichnen wir eben Rubens und Frans Hals, Rembrandt, Velazquez
u. s. w. als die klassischen Meister des malerischen Stils.
Nehmen wir zwei andere malerische Probleme, das der Perspek¬
tive und das des Helldunkels. Beide dienen bekanntlich als Haupt¬
mittel, die Flächenhaftigkeit zu überwinden. Man braucht nur
eine grössere Zahl von Bildern aus der Zeit vom 14. bis 17. Jahr¬
hundert, auf denen architektonische Zuthaten, räumliche Ver¬
tiefungen, perspektivische Hintergründe u. s. w. dargestellt sind, in
historischer Reihenfolge nebeneinanderzuhalten, um sich zu über¬
zeugen, dass auch hier die Entwickelung eine vollkommen zielbe¬
wusste und konsequente gewesen ist. Von der andeutenden Perspek¬
tive Giottos, dessen Gebäude für die Menschen, die sich in ihnen
bewegen, viel zu klein und mit ziemlich willkürlichen lediglich
andeutenden Verkürzungen dargestellt sind, zu den bedeutend
realistischeren aber auch noch nicht ins richtige Verhältnis gesetzten
Interieurs des J. van Eyck, von da zu Masaccio, Paolo Uccello,
Mantegna und Piero della Francesca, die den Raum vermittelst
genauer perspektivischer Konstruktion schon ganz überzeugend dar¬
zustellen wissen, weiter zu Raffaels Schule von Athen, endlich zu
den schwierigen perspektivischen Kunststücken Correggios und
Giulio Romanos, zuletzt zu den spielerischen Übertreibungen der