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Züge, durch die sie sich den Künsten nähern. An erster Stelle die
Nachahmung. Sie ist eine der wichtigsten Begleiterscheinungen
der Kunst und des Spiels. Es giebt Forscher, die sie für das
wichtigste Kennzeichen des Spiels überhaupt halten, und solche,
die eine besondere Gruppe von Nachahmungsspielen statuieren.
Beides halte ich nicht für glücklich. Die Nachahmung an sich ist
nichts, wodurch sich Spiel und Kunst von anderen menschlichen
Thätigkeiten unterschieden. Sie ist vielmehr einer der elementarsten
allgemeinen Triebe des Menschen, die sich im Kampfe ums Dasein
entwickelt haben. Die Nachahmung der Alten durch die Jungen,
des Leittiers der Herde durch die übrigen Tiere ist eine Vorstufe
ihrer menschlichen Entwickelung. Bei allen Spielen hat sie eine
Bedeutung. Das Kind lernt die meisten Spiele durch Nachahmung
der Erwachsenen oder anderer Kinder. Gerade weil sie keinen
praktischen Zweck haben, müssen sich bei ihnen bald kon¬
ventionelle Formen ausbilden, die sich von einer Generation
auf die andere vererben. Es ist bekannt, wrelch zähes Leben diese
Formen haben. Viele Spiele sind noch jetzt beliebt, die schon im
Altertum und im Mittelalter gespielt wurden. Das wäre ohne
einen starken Nachahmungstrieb undenkbar. In der Kunst tritt die
Nachahmung in doppelter Form auf, erstens als Nachahmung der
Natur, zweitens als Nachahmung anderer. Die Nachahmung der
Natur werden wir bei den Illusionsspielen näher kennen lernen
und uns dabei überzeugen, dass Kunst und Spiel auch in dieser
Beziehung eine enge Verwandtschaft haben. Die Nachahmung
anderer hat in der Kunst von jeher eine Rolle gespielt. Sie tritt
uns im Jugendleben vieler grosser Künstler entgegen und muss
einen ganz besonderen ästhetischen Reiz haben. Auf ihr beruht
die Macht der Tradition. Allerdings ist diese nicht unüberwindlich,
vielmehr ihre Durchbrechung eine Bedingung des Fortschritts.
Aber gerade dass dieser immer mit Kämpfen verbunden ist, be¬
weist die elementare Stärke des Nachahmungstriebes. Auch hierin
stimmen also Kunst und Spiel vollkommen überein.
Für die psychische Wirkung des Spieles sind zwei wesentliche
Elemente die Aufmerksamkeit und die Spannung. Gerade
sie finden wir auch in der Kunst. Spieler folgen dem Geschicklich¬
keitsspiel, Zuschauer dem Schauspiel mit grösster Aufmerksamkeit,
werden durch seine verschiedenen Phasen in höchste Spannung
versetzt. Da die Begriffe Aufmerksamkeit und Spannung von den
Psychologen verschieden erklärt werden, will ich bemerken, dass