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bewusst, und unbewusst relativ sind, ist auch die Grenze zwischen
künstlerischem Schaffen und Delirium, Genie und Irrsinn in Wirk¬
lichkeit schwankend. Gerade eine so starke Inanspruchnahme des
Nervensystems wie sie das künstlerische Schaffen verlangt, führt
leicht zu einer Überreizung und hat dann psychopathische Er¬
scheinungen zur Folge, die den weniger Eingeweihten zu der
Annahme verführen können, Genie und Irrsinn seien annähernd
dasselbe. Theoretisch ist die Grenze aber sehr wohl zu ziehen.
Sie liegt da, wo die Selbsttäuschung auf hört eine bewusste zu sein
und anfängt eine unbewusste, d. h. eine wirkliche Täuschung zu
werden. In den meisten Fällen wird man diesen Punkt genau
fixieren können. Nur eine nervös degenerierte Zeit konnte auf den
Gedanken verfallen, dass psychopathische und ästhetische Zustände
prinzipiell identisch seien, dass man im Genie nur eine besondere
Form von Irrsinn oder geistiger Anomalie zu erkennen habe.