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der Tänzer und der myronische Diskuswerfer, bieten also typische
Beispiele der drei Arten von Bewegungsillusion. Der Speerträger
ist ein Beispiel objektiver, der Tänzer ein Beispiel subjektiver, der
Diskuswerfer ein Beispiel gemischt objektiver und subjektiver Be¬
wegungsillusion. Beim Tänzer kommt dazu noch die objektive
Gefühlsillusion. Nun stünde ja an sich nichts der Annahme ent¬
gegen, dass diese drei Arten ästhetisch gleichberechtigt seien. Aber
hier machen wir nun die interessante Beobachtung, dass wir zwar
in allen drei Fällen objektive, aber nur in den beiden letzten
subjektive Illusion haben. Da nun aber in allen drei Fällen ästhe¬
tischer Genuss zu stände kommt, so werden wir daraus schliessen,
dass das Ausschlaggebende für den ästhetischen Genuss die ob¬
jektive Illusion ist, und dass die subjektive in den beiden letzten
Fällen nur als eine mehr oder weniger irrelevante Zuthat zu jener
hinzukommt, um — vielleicht — den Genuss zu steigern.
Die Möglichkeit dieser Steigerung beruht nun, wie man leicht
sieht, darauf, dass die Bewegungen, um die es sich hier handelt,
an sich schon angenehm sind. Der Tanz ist eine sinnlich an¬
genehme Bewegung. Speziell der Reiz des Rundtanzes ist ein
vorwiegend sinnlicher. Gerade diese Seite an ihm ist aber, wie
wir gesehen haben, nicht ästhetisch. Dann ist auch die Anschauung
einer sinnlichen Bewegung, bei der man sich in dieser selben
Bewegung vorstellt, nicht ästhetisch. Und deshalb kann auch die
subjektive Bewegungsillusion beim Tanze, wenigstens beim gewöhn¬
lichen Rundtanze, nicht ästhetisch sein. Etwas anders liegt die
Sache beim Kunsttänze, der ja keinen sinnlichen Charakter hat oder
zu haben braucht. Findet bei diesem eine subjektive Bewegungs¬
illusion statt, so kann sie sich nur auf die Annehmlichkeit der
rhythmischen Bewegung an sich beziehen. Zwar ist die Bewegung
des Kunsttanzes in Wirklichkeit sehr schwierig. Aber der ge¬
wöhnliche Zuschauer weiss das nicht. Er hält sie für leicht und
angenehm, weil sie leicht und angenehm aussieht. Wenn er sich
also seinen eigenen Körper in dieser Bewegung denkt, so ver¬
ursacht ihm diese Vorstellung ein angenehmes Gefühl. Dieses an¬
genehme Gefühl kommt noch zu der Lust der objektiven Ge¬
fühlsillusion hinzu, es stellt ein Plus dar, durch das der Genuss
gesteigert wird.
Wer nun den Kern des ästhetischen Genusses in dieser Vor¬
stellung, d. h. in der subjektiven Bewegungsillusion sieht, der kann
natürlich eine lusterregende subjektive Bewegungsillusion nur da