Die aufsteigende Entwickelung des organischen Lebens auf der Erde. 577
vor dem Klosterberg zu Steinheim und muss gestehen, dass alle
die Millionen Formen, auf die sein Fuss tritt, so leise und un¬
vermerkt in einander verlaufen, dass nur von Einer Art die Rede
sein kann.“ (Fraas, S. 30.) Zu unterst im Hügel liegen die
flachsten, zu oberst die gethürmtesten Formen; in den Jahr¬
tausenden, die zum Aufbau dieses Hügels gehörten, hat sich
also die Species auf diese Weise verändert. In demselben Stein-
heimer Kalksande kann man an denUebereinanderlagerungen ganz
deutlich das allmähliche Auseinandergehen einer Stammform in sich
abzweigende später scharf getrennte Arten verfolgen (vgl. Hilgen¬
dorfs Mittheilung im Monatsber. d. Berî. Acad. d. Wiss. Juli 1866).
Wenn es sonach als feststehend zu betrachten ist, dass das
Unbewusste zur Herstellung einer neuen Art häufig eine Summe
zufälliger individueller Abweichungen wird benutzen können, so
ist damit doch keineswegs gesagt, dass diese sich dem Unbe¬
wussten auch immer in allen denjenigen Richtungen darbieten,
welche es einzuschlagen beabsichtigt; es bleibt vielmehr die
Möglichkeit offen, dass gerade die allerwichtigsten Fortschritte
nicht durch zufällige Abweichungen, sondern nur durch plan-
mässigabweichendeBildungsvorgänge begriffen werden
können; ich glaube sogar annehmen zu müssen, dass alle Er¬
hebungen zu wesentlich höheren Stufen, welche Herstellung
von vorher nicht vorhandenen Organen voraussetzten, nicht durch
zufällige individuelle Abweichungen erklärt werden können, wenn
letztere auch für die erschöpfende Durchbildung eines vor¬
handenen Typus nach allen Richtungen hin die Hauptarbeit
verrichtet haben mögen.
Wie kann erst gar eine an verschiedenen Körper-
theilen gleichzeitig auftretende Veränderung, die sich in
ihren verschiedenen Theilen pianmässig ergänzt, durch zu¬
fällig e Abweichungen genügend begriffen werden, z. B. die Bil¬
dung der Euter beim ersten Beutelthier, die nothwendig mit dem
Lebendiggebären Hand in Hand gehen musste, wenn die Jungen
nicht nach der Geburt jämmerlich umkommen sollten, oder auch
die Hand in Hand gehen müssende Veränderung der männlichen
und weiblichen Geschlechtsteile, wenn eine Begattung möglich
bleiben soll? Ebenso wenig kann das Princip der zufälligen
Abweichung da als ausreichend erachtet werden, wo gewisse
Thiergestalten Eigentümlichkeiten des anatomischen Baues auf¬
weisen, die für sie selbst werthlos, nur als vermittelnde
v. Hartmann, Phil. d. Unbewussten. 3. And,
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