Die aufsteigende Entwickelung des organischen Lebens auf der Erde. 575
die Art überhaupt, ebensowenig kann die Unfähigkeit, mit an¬
deren Arten dauerhafte Bastardracen zu liefern, als ein absolutes
Merkmal fester Arten (im Gegensatz zu flüssigen) angesehen
werden ; auch dieser Gegensatz ist nur quantitativ zu limitiren, weil
es erstens immer ganz darauf ankommt, mit welcher andern Art
die Bastardirung versucht wird, und zweitens auch bei den gegen¬
wärtig allerfestesten Arten (ebenso wie bei jungen Bastardracen zwi¬
schen festen Arten) bisweilen, wenn auch sehr selten, überraschende
Rückschläge in eine Ahnenstammform auftreten (Atavismus).
Wenn wir demnach an der Flüssigkeit und Conventionalität
des Artbegriffes festhalten müssen, wenn wir zugeben müssen,
dass es in der Natur nur kleinere und grössere Verschiedenheiten
giebt, aber in so reich vertretenen Abstufungen, dass von der
unmerklichsten individuellen Nüance bis zum Unterschiede des
höchsten vom niedrigsten Organismus ein in für uns unmerklich
kleinen Schritten dahin fliessender Uebergang stattfindet (vgl.
hierzu Wallace „Beiträge zur natürlichen Zuchtwahl“, deutsch
von Meyer, S. 163 ff.), so kann auch weder im Artbegriff noch
einem ihm ähnlichen engeren oder weiteren Begriff mehr ein
Zwang für das Unbewusste liegen, welcher die Minimalgrösse
seiner Schritte in der Fortentwickelung der Organisation nor-
mirte, sondern das kleinste Maass für die Sprünge der hetero¬
genen Zeugung wird nur noch in der Grösse der Modifications-
widerstände und den vom Unbewussten verfolgten Zielen (z. B.
Erreichung gewisser Organisationsstufen in gewissen Zeit¬
räumen) zu suchen sein. Nun findet aber schon selbst bekannt¬
lich nicht Gleichheit, sondern nur Aehnlichkeit zwischen
Erzeugern und Erzeugten statt, denn die verschiedenen mate¬
riellen Umstände bewirken bei der Zeugung individuelle Ab¬
weichungen vom ideellen Normaltypus, welche vollständig
zu nivelliren einen ganz unnützen Kraftaufwand des Unbe¬
wussten in Anspruch nehmen würde, da diese individuellen Ab¬
weichungen für gewöhnlich und der Hauptsache nach sich durch
Kreuzung der Familien von selbst wieder ausgleichen.
Trotzdem hat man sich nicht über die Ungleichheit, sondern
über die Gleichheit von Eltern und Kind zu wundern, denn
wenn das Unbewusste sich bei allen Zeugungen innerhalb der¬
selben Art auf dieselbe Weise verhalten und sich die Arbeit
eines fortwährend ausgleichenden Eingreifens ersparen wollte,
so würden die Abweichungen zwischen Erzeugern und Er-