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Abschnitt. C Capitel VII.
Schranken der Sinnlichkeit und endlichen Individualität; innerhalb
deren es erst vermittelst der Reflexion entsteht, befreit, und dann
doch noch als Bewusstsein zu denken, während doch die Form
des Bewusstseins abgestreift und nur die reine Materie der Vor¬
stellung übrig geblieben ist, aber gesetzt den Fall, man dächte
sich diese unmögliche Anforderung an den Gedanken einen Augen¬
blick lang erfüllt, so würde in der That das geforderte absolute
Bewusstsein sich als dem absolut Unbewussten schlechthin iden¬
tisch erweisen, und sonach bei der nunmehrigen Gleichgültig¬
keit der Benennung selbst für diesen Standpunkt wiederum
jedes Interesse der Opposition gegen das absolut Unbewusste
verschwinden (vgl. Fichte's S. W. I. S. 100, 253 ; V. S. 266 u.
457). — Auch das Absolute der neueren deutschen Philosophie
hat weder in Fichte’s früherer Lehre, wo es durch die unreelle
unsubstantielle abstracte moralische Weltordnung repräsentirt
wird (Fichte's W. V. 186—187, 264, 368), noch in seiner spä¬
teren Lehre, wo es als das ewig unveränderliche, verhüllte Sein
hinter unserem es offenbarenden Bewusstsein steht (W. V. 441—
442), noch bei Schelling (vgl. seine Werke L 1. S. 180; I. 3.
S. 497; I. 4. S. 256; I. 7. 53-54 u. 67-68), noch bei Hegel
(was allerdings der reactionäre Theil der HegeFschen Schule zu
bestreiten sucht), noch bei Schopenhauer ein Bewusstsein ausser¬
halb der von ihm durchwehten Individuen.
Diese Darlegungen werden genügen, um zu zeigen, dass ein
solcher Gegensatz zwischen der unbewussten Intelligenz einer¬
seits und der göttlichen Intelligenz des Theismus andrerseits nicht
besteht, wrie er zunächst in den Namen zu liegen scheinen könnte;
dass alle Eigenschaften der göttlichen Intelligenz auch auf das Un¬
bewusste anwendbar seien, wird in Cap. C. XL gezeigt werden.
Da nun dem unbewussten Willen die Allmacht schon früher von
uns zuerkannt w-urde, da ferner das Unbewusste als Indivi¬
duum im eminenten Sinne von uns anerkannt worden ist
(S. 520 ff. u. 532—533), so dürfte sich in der That der Unterschied
zwischen dem Unbewussten und dem Gotte desjenigen Theismus
oder Monotheismus, nach welchem die Welt nicht Gott entgegen¬
gesetzt, sondern ihm immanent ist, auf ein Minimum reduciren
für alle Diejenigen, welche die Principien des Theismus von der
vulgären Form anthropopathischer Vorstellungsweise zu philosophi¬
scher Durchdringung vertieft haben. Die Philosophie des Un¬
bewussten fördert nun diesen philosophischen Klärungs- und Ver-