Die Materie als Wille und Vorstellung.
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Ein Atom mit n- fach er Masse nennen zu wollen; es bleibt,
so lange die Atome als stoffliche, undurchdringliche Kugeln
gedacht werden, immer ein Complex von n Atomen. —
Uebrigens haben wir gar keine Veranlassung, an die wirk¬
liche Existenz solcher unmittelbaren Verschmelzungen von Kör¬
per-Atomen zu glauben, denn es ist anzunehmen, dass die Körper-
Atome in dem Moieciile eines bis jetzt als solchen betrachteten
chemischen Elementes ebensowohl durch Aether-Atome aus ein¬
ander gehalten werden, wie die Moieciile der chemischen Ele¬
mente in dem Moieciile ihrer chemischen Verbindung, welches
letztere dadurch bewiesen wird, dass sie sich durch Aether-
schwingungen (Wärme, Galvanismus u. s. w.) wieder trennen
lassen. Auch können wir uns unbedenklich die Anzahl der in
einem Elementarmoleciile vereinigten Körper-Atome sehr gross
vorstellen, wenn wir daran denken, dass in dem Moieciile einer
höheren organischen Verbindung oft Hunderte von Elementar-
moiecülen vereinigt sind.
Das Resultat von alle dem ist, dass das Atom die Einheit
ist, aus der sich erst jede Masse zusammensetzt, wie sich aus
der Eins alle Zahlen zusammensetzen, dass es daher so wenig
einen Sinn hat, nach der Massengrösse eines Ato¬
mes, als nach der Zahlen grosse der Eins zu fragen.
Wir kommen nun zu der letzten und schwierigsten Frage:
ist das Atom sonst noch etwas als Kraft, hat das Atom Stoff,
und was ist bei diesem Worte zu denken? - Erinnern wir uns
zunächst, wie wir zu den Atomen gekommen sind. Wir stossen
uns als Kind an den Kopf und fühlen den Schmerz, wir betasten
die Dinge und bekommen Gesichts- und sonstige Sinneseindrücke
von ihnen. Wir supponiren zu diesen instinctiv räumlich hinaus-
projicirten Wahrnehmungen ebenso instinctiv Ursachen, welche
wir Dinge nennen. Diese supponirten Dinge ausser uns, welche
auf uns einwirken, besonders aber Das, woran wir uns
draussen stossen, nennen wir Materie oder Stoff. Die
Wissenschaft bleibt bei dieser rohen, instinctiv sinnlichen und
practisch ausreichenden Hypothese nicht stehen, sondern verfolgt
die Ursachen unserer Wahrnehmungen weiter und untersucht
sie genauer. Sie zeigt uns, dass die Gesichtswahrnehmungen
durch Aetherschwingungen, die Gehörwahrnehmungen durch Luft¬
schwingungen, die Geruchs- und Geschmackswahrnehmungen
durch chemische Schwingungen in unseren Sinnesorganen erregt