2. Das Bewusstsein in der Pflanze.
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Boden, die Nahrungsmittel und die Atmosphäre für das Thier¬
reich vorzubereiten, wenn auch dabei nicht verkannt werden
darf, dass zu gleicher Zeit das schaffende Princip sich nebenher
im Pflanzenreiche auf seine Weise selbstständig auswirkt.
2. Das Bewusstsein in der Pflanze.
Das bisherige Resultat war wohl vorauszusehen, und bedurfte
keines besonderen Scharfsinnes; schwieriger aber ist die Frage,
ob denn in der Pflanze auch ein Bewusstsein wohne.
So alt wie die Naturwissenschaft ist der Streit über die
pflanzliche oder thierische Beschaffenheit gewisser Geschöpfe,
und er ist heute noch so wenig zu entscheiden, wie zu Aristo¬
teles’ Zeiten, weil er als Alternative überhaupt nicht zu entschei¬
den ist. Pflanze und Thier haben als organische Wesen gewisse
Eigenschaften gemeinschaftlich ; durch andere Eigenschaften wer¬
den sie gemäss ihrer verschiedenen Bestimmung im Haushalt
der Natur unterschieden. Wenn nun aber die ganzen Lebens¬
erscheinungen sich auf so einfache Gestalt reduciren, dass jene
unterscheidenden Eigenschaften mehr oder weniger verschwinden,
und wesentlich nur die beiden Reichen gemeinschaftlichen übrig
bleiben, so müssen eben auch die Unterschiede zwischen Thier
und Pflanze verschwinden, und es ist thöricht, einen Streit auf¬
recht zu erhalten, der seiner Natur nach ohne Resultat bleiben
muss. Die mikroskopische Beobachtung ist so weit, dass, wenn
es sichere Kriterien für pflanzliche oder thierische Beschaffenheit
gäbe, sie sicher dem Forscher nicht entgehen könnten, und der
Streit längst geschlossen wäre; dass es aber in der That keine
von den streitenden Partheien gemeinschaftlich anerkannten Kri¬
terien giebt, beweist eben, dass man sich gar nicht klar ist,
worüber man sich streitet. Würde man die Thatsachen un¬
befangen aufnehmen, so würde daraus eben nur das hervorgehen,
dass man das Gebiet der beiden Reichen gemeinschaftlichen
Eigenschaften bisher zu eng gezogen hat, dass der Unterschiede
zwischen Thier und Pflanze viel weniger sind, als man bisher
geglaubt hat, und dass diese Unterschiede nur in ihren gestei¬
gerten Formen so éclatant werden, dass Niemand sie verkennen
kann. In neuester Zeit hat diese Auffassung auch in naturwis¬
senschaftlichen Kreisen mehr und mehr Boden gewonnen, und
erscheint als die strengste Durchführung derselben der Versuch
v. Hartmann, Pliil. d. Unbewussten. 3. Aull. ^9