IV.
Das Unbewusste und das Bewusstsein im Pflanzenreiche.
Die Frage nach der Beseelung des Pflanzenreiches ist alt ;
ausserhalb des Judenthums und Christenthums ist sie fast überall
bejaht worden. Unsere Zeit, die in den Anschauungen der letz¬
teren beiden aufgewachsen ist, und die vom Christenthume auf¬
gerissene Kluft zwischen Geist und Sinnlichkeit noch lange nicht
wieder überbrückt hat, hat mit Mühe die Thi er e in das Bruder¬
recht mit dem Menschen wieder eingesetzt; kein Wunder, dass
sie bis zur Anerkennung der Pflanzenbeseelung sich noch nicht
hat erheben können, da ihre Physiologie auch am Tliiere die
organischen Functionen und Reflexwirkungen nur als materielle
Mechanismen zu betrachten gewöhnt ist. Am besten ist die Frage
von Fechner behandelt worden in der Schrift „Nanna, oder über
das Seelenleben der Pflanzen, Leipzig 1848“, wenn auch manches
Phantastische mit unterläuft; vgl. ferner Schopenhauer „Lieber
den Willen in der Natur“ Cap. Pflanzenphysiologie, und Auten-
rietk „Ansichten über Natur und Seelenleben“. Es bleibt mir
hier theils nur ein kurzer Auszug zu geben, theils aber auch
die erheblich grössere Klarheit hervorzuheben übrig, welche über
diese ganze Frage durch die Unterscheidung unbewusster und
bewusster Seelenthätigkeit verbreitet wird. Ich bin überzeugt,
dass Mancher, der der bisherigen Behandlungsweise gegenüber
eine verneinende Stellung behaupten musste, vermittelst der ge¬
sonderten Betrachtung des Unbewussten und des Bewusstseins
sich mit der Pflanzenbeseelung aussöhnen wird.
1. Die unbewusste Seelenthätigkeit der Pflanze.
Die Pflanze hat organische Bildungsthätigkeit, Naturheil¬
kraft, Reflexbewegungen, Instinct und Schönheitstrieb wie das
Thier; und wenn in dein Thiere die Erscheinungen als unbe-