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Abschnitt A. Capitel VJI.
wie die Menge des Pulvers zur Kraft des Geschosses. Ohne
jede mechanische Kraft aber sind die aufgespeicherten Kräfte
nicht aus ihrem gebundenen Zustande zu befreien, also muss
unbedingt der Wille zu mechanischer Kraftleistung befähigt sein.
Wäre aber die Grösse dieser Kraft gleichgültig, so könnte er ja
direct die Muskeln in Bewegung setzen, wir müssen also an¬
nehmen, dass die Pointe beim motorischen System darin liege,
die nothwendige mechanische Leistung des Willens auf ein
Minimum zu reduciren, etwa so, wie das Stellen der Hebel
durch den Maschinisten ein Minimum von Kraftwirkung im Ver-
hältniss zu den Leistungen der Dampfmaschine repräsentirt.
Betrachten wir nun den wohl am nächsten mit den Nerven¬
strömen verwalten electrischen Strom, so müssen wir zunächst
die Entstehungsweise durch mechanische Einflüsse (wie Reibung)
oder Wärme ausschliessen, weil erstere gerade das Gegentheil
von dem wäre, was wir suchen, und letztere ebenfalls in
Schwingungszuständen von grösseren mechanischen Schwingungs¬
momenten der Atome besteht. Wir müssen jedenfalls absehen
von Erzeugungsweisen, welche auf Verschiebung der Molecüle
beruhen, und uns an solche halten, welche nur eine Drehung
derselben erheischen, da ihre Drehung unendlich viel weniger
Kraftaufwand erfordert, als die Verschiebung. Hier kommen
uns die Erfahrungen der Nervenphysiologie zu Hülfe, welche
zeigen, dass, während der motorische Strom den Nerven durch¬
läuft, alle Molecüle desselben eine gleich gerichtete electrische
Polarität zeigen, wie in Magneten, während im völlig indifferenten
Zustand (wie er freilich im Leben nicht vorkommt) die Polaritäten
der Molecüle durch einander liegen, wie im unmagnetischen
Eisen, und dadurch sich gegenseitig neutralisiren. Wir lernen aus
diesen Versuchen, dass die Nervenmolecüle Polarität besitzen, und
dass diese durch Drehung der Molecüle in gleiche Richtung zur
Geltung gebracht werden kann. Wie der von einem Draht um¬
gebene Eisenstab magnetisch wird, sobald den Draht ein gal¬
galvanischer Strom durchläuft, so würde, wenn auf irgend welche
Weise das Eisen plötzlich magnetisch würde, in dem Draht ein
galvanischer Strom hervorgerufen. Dem analog wird durch
Drehung der Molecüle in der Weise, dass ihre Polaritäten gleich
gerichtet werden, eine Nervenströmung erzeugt. Wir sehen in
der Physik, dass die polaren Gegensätze der Molecüle die Grund¬
lagen aller der Erscheinungen sind, welche wir als chemische,