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Hermann Gutzmann.
mal z. B, zwischen Melodie und Text bestehen, ist bisher noch
wenig geklärt, auch liegt bisher nur wenig Material vor, das eine
Erklärung dieser Parallelbeziehungen zu den Lalopathien ermöglichte
(Buttersack). Nimmt man meine Allgemeinbezeichnung für diese
zweite Gruppe, Phonopathien oder Melodopathien, Störungen der
Tonsprache, an, so lassen sich die Unterabteilungen nach dem so¬
eben bei den Mimopathien benutzten Schema leicht gruppieren:
Dysmusien (Amusie, Hypomusie, motorische und sensorische, Pa-
ramusie, Hypermusie); Störungen der Tonschrift: musikalische Dys-
graphie („Dysnotation“); sensorische Störungen dieser Fixation:
musikalische Dyslexie.
Besonders gruppieren müßte man unter Umständen die Melodo¬
pathien, je nach dem musikalischen Instrument, um das es sich
handelt. An erster Stelle steht natürlich die höchste Tonsprache,
der Gesang; so fallen alle sogenannten funktionellen Störungen
der Stimme auch in diese Gruppe hinein, unter ihnen die mannig¬
fachen habituellen oder beruflichen Stimmstörungen, die verschie¬
denen Formen der Stimmschwäche, der Phonasthenie usw. Bezieht
sich die motorische Dysmusie auf die Handhabung bestimmter
Instrumente, so nähert sie sich wieder außerordentlich den Apra¬
xien im engeren Sinne, den Störungen der transitiven Handlungen.
Um für alle diese Einzelheiten eine völlig befriedigende syn¬
optische Gliederung zu schaffen, ist unsere klinische Ausbeute
noch bei weitem zu gering.
3. Lalopathien, Störungen der Lautsprache.
Endlich gelangen wir zu der umfangreichsten und größten
Gruppe der Logopathien, den Lalopathien.
Ihre Einteilung in die beiden Gruppen Dysphasien und Dys¬
arthrien ist wohl schon in den sechziger Jahren von E. v. Leyden
begründet, wenn auch sorgsame Untersuchung häufig ergibt, daß
dysarthrische Erscheinungen fast untrennbar mit dysphasischen (und
umgekehrt) verknüpft sind. Es liegt eben an der Fülle der Er¬
scheinungen und an der durch das menschliche Individuum selbst
bedingten Yariabilität ihrer Verknüpfung, daß eine synoptische Ein¬
teilung der sprachlichen Krankheitssymptome fast niemals eine ein¬
fache Einreihung des Patienten unter eine ganz bestimmte, eng
umgrenzte Rubrik gestattet.
In diesem Sinne müssen auch die folgenden Auseinander¬
setzungen aufgefaßt werden. Im übrigen schließen sie sich an das