Über die Lokalisation von Schallreizen. 187
meist, aber nicht immer, nach dem besser hörenden Ohre hin ver¬
legt. Die gelegentliche völlige Verlegung des Schallortes aiif die
entgegengesetzte Seite ist übrigens ein von der eigentlichen Para¬
cusis loci zu sonderndes Phänomen (Allochire auditive nach Gellé),
das einen physikalischen Ursprung hat. An Patienten mit sehr
starken einseitigen Hördefekten erwiesen die sorgfältigen Versuche
Münnichs (100) im allgemeinen die Tendenz die Gehörseindrücke
nach dem gesunden Ohre hin zu verlegen, irgend eine regelmäßige
Beziehung zwischen der Stärke dieser Tendenz und dem Grade des
Hördefektes ließ sich jedoch auch hier nicht ans Licht ziehen.
Zu genauen zahlenmäßigen Bestimmungen drangen Ferre und
Collins (1911, 106) vor. Sie ermittelten zunächst (allerdings nicht
ein wandsfrei, einfach als das reziproke Verhältnis der Hörweiten)
das Verhältnis der beiderseitigen Hörschärfen, und maßen dann die
subjektive Verschiebung der Medianebene nach Seiten des besser
hörenden Ohres. Diese Verschiebung betrug z. B. bei einem Ver¬
hältnis der Hörschärfe von 4,0:20,3°, bei einem anderen Ver¬
hältnis von 2,9:10,7°. Über die Beziehung zwischen dem Werte
des Hörschärfenverhältnisses und der Größe der Verschiebung spre¬
chen sich aber die Verfasser in der Zusammenstellung- ihrer Er¬
gebnisse (einstweilen) nicht näher aus.
Solche Lokalisationstäuschungen ändern sich im Laufe der
Zeit. J. Meyer (1912, 109) fand die Täuschung hauptsächlich bei
frischer Schwerhörigkeit, ältere Schwerhörige lokalisierten in der
Hegel richtig. Ich selbst (1913, 114) konstatierte bei einer seit
Jahren bestehenden Schwerhörigkeit (Hörschärfenverhältnis = 0,63)
keine nennenswerte, und jedenfalls dem Prinzip der Verlegung nach
dem besser hörenden Ohre nicht überall gehorchende Verschiebung
der subjektiven Medianebene. Belehrend ist die von Bezold (1890,
42) der eigenen Beobachtung entnommene Schilderung. Unmittelbar
nach Aufhebung der einseitigen Harthörigkeit traten starke Lokali¬
sationstäuschungen ein. Sie dauerten aber nur etwa drei Wochen
an, und die letzten Spüren waren schon nach sechs Wochen ver¬
schwunden. Es handelte sich also um eine allmähliche Anpassung
an die neuen Bedingungen des Hörens. Auf die Verlegung
des Schalls nach der entgegengesetzten Seite innerhalb einer
’„Wechselzone“, die bei geringer Hörschärfendifferenz beider Ohren
von Lobsien (1900, 65) beobachtet worden ist, kann ich nur hin-
weisen, da mir die Schilderung nicht völlig klar geworden ist.
: Ergänzt werden diese Beobachtungen durch die Lokalisations-