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Die Phantasie in der Konst.
zum Scherzhaften zu befriedigen, sondern um dieses Gegensatzes
willen ebenso nachfolgte, wie der ausgelassene dionysische Festzug
dem ernsten Dithyrambus gefolgt war, und wie überall sonst das
Komische durch den vorangegangenen ernsten Eindruck gehoben
wird. Die Heroen und ihre tragischen Schicksale bildeten den
Hintergrund, von dem die Alltäglichkeiten des Lebens der Gegen¬
wart wirksam sich abhoben. Dadurch wurde zugleich das direkte
komische Motiv in seiner Bedeutung verändert und gehoben. Nun
war es nicht mehr die Situation, sondern der Dialog und die Hand¬
lung, aus denen die komische Wirkung hervorwuchs. Der Hand¬
lung ordnete sich zunächst die pantomimische Situationskomik, dann
auch der in den Anfängen der höheren Komödie noch# vorherr¬
schende witzige Dialog unter. Die Handlung aber dehnte allmäh¬
lich über alles sich aus, was im Leben und Tun des Menschen
widerspruchsvoll und doch im Lichte einer objektiven Betrachtung
als ein notwendiger, im Widerstreit der Kontraste das Lebensgefuhi
erhöhender Inhalt des Lebens erscheint. Indem die Komödie den
Kampf des Lebens, in dem solche Kontraste nicht zerstörend, son¬
dern erhaltend und durch die Ausgleichung der Widerstände, die
das Leben bedrücken, befreiend gegeneinander wirken, zur künst¬
lerischen Darstellung bringt, erhebt sie über jenen Kampf und ent¬
lastet das Gemüt In dieser von nun an festgehaltenen Richtung
vollzieht sich dann der weitere Wandel der Motive überall im Sinne
der Interessen und der Kämpfe, die jeweils das Leben selbst er¬
füllen. Schon die alte attische Komödie, die der geschlossenen
Handlung noch entbehrt, stellt in der dialektischen Wechselrede
der Hauptpersonen den Kampf in den Mittelpunkt des Stücks; und
durch den Übergang dieser Dialektik in die Handlung selbst ge¬
winnt dann eigentlich erst die Komödie ihre dramatische Form *).
Neben den dauernden treten daher mehr oder minder vergängliche
Motive auf die komische Bühne, und auch hier wiederholt sich die
schon in die allerersten Anfänge des burlesken Mimus hineinreichende
Erscheinung des Untergangs und der Neubildung der Motive. Dieser
Wandel erfolgt schließlich nach den gleichen elementaren Gesetzen
*) Vgl. oben S. 502 f. Ober die Bedeutung des Kampfes im modernen Lustspiel.
Walter Harlan, Schule des Lustspiels (o. J.), S. 84 ff.