Volltext: Erkenntnislehre II (2)

Mittelbare Erkenntnis 
(§§ 20-24) 
§ 20. Mittelbare Erkenntnis durch Deduktion, Schlußformen 
1. Vorbemerkung 
Aristoteles definiert das Schließen, den Syllogismus, allgemein 
als ,,einen Denkvorgang (Logos), in welchem, nachdem etwas ge¬ 
setzt ist, etwas Anderes als das Gesetzte mit Notwendigkeit aus dem 
Gesetzten folgt“. Er verlangt also, daß der Schlußsatz gegenüber 
den Prämissen irgend etwas Anderes, Neues bringe, das gleichwohl 
mit Notwendigkeit aus ihnen folgt. Man kann das Wesen dieses 
unseres gewaltigsten Denkmittels und zugleich die Aufgabe, die 
mit seiner Rechtfertigung an die Erkenntnistheorie gestellt ist, 
nicht genauer und knapper formulieren. 
Aristoteles dachte dabei wesentlich an das deduktive 
Schließen und zwar an die Schlüsse aus zwei Prämissen, deren aus¬ 
führliche Strukturanalyse einen seiner größten Ruhmestitel bildet. 
Wir wollen aber die Forderung, daß der Schlußsatz irgendwie etwas 
Neues bringe, für jede Art von Schlußfolgerung im Auge behalten 
und werden sehen, daß sie im geringsten Maße erfüllt ist bei den 
ganz elementaren deduktiven Schlüssen, die wir uneigentliche 
nennen wollen, in viel höherem Grade schon bei den eigentlichen 
deduktiven Schlüssen, im höchsten Grade bei den induktiven. 
Was ist Deduktion, was Induktion ? Sehen wir auf den heutigen 
Sprachgebrauch, so pflegt man als Deduktion zu bezeichnen den 
Schluß von einem Gesetz auf ein spezielleres Gesetz oder auf ein¬ 
zelne Tatsachen, als Induktion den Schluß von Tatsachen auf ein 
Gesetz oder von einem spezielleren Gesetz auf ein allgemeineres. 
Wir schließen allerdings auch von Tatsachen auf Tatsachen, wie in 
den berühmten Beispielen astronomischer Schlußfolgerungen, die 
aus den Störungen in der Bewegung eines Himmelskörpers auf das 
Vorhandensein eines noch unbekannten, anderen Himmelskörpers 
schließen, oder beim Schluß aus einer großen Zahl von Zügen 
weißer Kugeln aus einer Urne auf wei tere Weißzüge oder in tausend 
Stumpf, Erkenntnislehre. Bd. II. 25
	        
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