14. Teleologie und Mechanismus
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niz’, Lotzes und Brentanos. Aber sie haben nicht die letzten
Konsequenzen gezogen; Leibniz und Brentano suchten die Theo¬
dizee zu retten, Lotze die indeterministische Willensfreiheit.
Mechanismus und Teleologie stehen nicht in Gegensatz zuein¬
ander. Beide sind allgemein zu bejahen, und zwar nicht als bloß
subjektive Betrachtungsweisen (regulative Prinzipien), sondern als
objektive Eigenschaften der Materie (konstitutive Prinzipien), die
wir als solche auf Grund der Erscheinungen anzunehmen haben,
wenn diese durch die Außenweltshypothese unter Gesetze sub¬
sumiert und aus solchen vorausgesagt werden sollen.
Unter diesen beiden Grundzügen der Natur hat der kausale
insofern den Vortritt (wir sagen nicht : Vorrang), als man die Zweck¬
mäßigkeit von Natureinrichtungen erst feststellen kann auf Grund
der Kenntnis der durch ihre Struktur bedingten kausalen Zu¬
sammenhänge und auch Voraussagungen aus teleologischen Er¬
kenntnissen nur infolge ihrer Verbindung mit kausalen möglich sind.
Es ist sehr wohl denkbar, daß künftig noch mehr Naturzwecke
in unseren Gesichtskreis eintreten außer der Erhaltung des ein¬
zelnen und der Art sowie der Weiterbildung der Arten. Ist doch
auch der letzte dieser Zwecke mit Sicherheit erst in neuester Zeit,
seit einem Jahrhundert, als Tatsache erkannt und anerkannt
worden. Mit einem solchen Schritt wird die gesamte Natur¬
anschauung auf eine neue Stufe gehoben. Aber das Verhältnis der
kausalen zur teleologischen Auffassung im allgemeinen wird nicht
dadurch geändert und ist auch heute durch die Einführung der
Entwicklungslehre nicht geändert, wie sehr dies auch anfänglich
der Fall zu sein schien.
Welches ist nun eigentlich die Leistung der teleologischen Er¬
kenntnisse für unser Wissen von der Natur ? Was würde uns ver¬
loren gehen, wenn wir auf solche Erkenntnisse ganz verzichteten,
wie dies von Bacon, Descartes, Hobbes, Spinoza und in neuerer
Zeit, abgesehen von den Materialisten, besonders von Du Bois-
Reymond für die Naturforschung verlangt wurde ?
Die Antwort ist leicht. Wir würden damit auf die Hälfte
unserer tatsächlichen Naturerkenntnisse verzichten, nämlich auf
alles, was uns über die Bedeutung der einzelnen Teile und
Kausalverhältnisse für das Ganze des Organismus und der
organischen Natur tatsächlich bekannt ist. ,,Die Teile habt ihr in
der Hand, fehlt leider nur das geistige Band.“ Wir würden den
Organismus als solchen, als ein Lebewesen, so wenig verstehen wie