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28. Die Bewegung
Hand gibt, bestimmte quantitative Beziehungen zwischen einer
gleichförmigen Bewegung und der Zeitdauer in dem bewegten
System abzuleiten ; aber auch insofern, als die Fortpflanzungs¬
geschwindigkeit des Lichtes, welche in die Formel eingeht, empi¬
risch ermittelt ist.
Die Formel, nach der sich für Lorentz eine räumliche Strecke
in der Bewegungsrichtung verkürzt, ergibt hier die Verlängerung
der Zeitstrecke in derselben Richtung. Eine bewegte Uhr geht
bekanntlich nach Einstein langsamer als eine ruhende, freilich
wieder nur um einen winzigen Betrag, solange nicht die Geschwin¬
digkeit der Bewegung sich der des Lichtes nähert, und nur für einen
ruhenden „Beobachter“. Die Lichtgeschwindigkeit selbst wird bei
dieser Rechnung als konstant vorausgesetzt. Bezeichnet t die Zeit¬
dauer eines Vorganges in einem relativ zum Beobachter ruhenden
System, t' die Zeitdauer desselben Vorganges in einem bewegten
System, v die Geschwindigkeit der Bewegung, c die Lichtgeschwin¬
digkeit, so ist
1 / v2
t' = t / 1-------•
r c2
Ist v unendlich klein, so wird t' = t, ist v = c, so wird t' = 0.
Daher kann es dieser Theorie gemäß keine Geschwindigkeit in der
Natur geben, die gleich der Lichtgeschwindigkeit oder größer als
sie wäre (doch hat Einstein später in der allgemeinen Relativitäts¬
theorie die Lichtgeschwindigkeit selbst nicht mehr als unbedingt
konstant, sondern als durch die Einwirkung der Schwere ver¬
änderlich aufgefaßt).
Die Lorentz-Kontraktion ergibt sich als Folgerung aus dieser
Theorie. Es folgen aber noch eine Reihe fundamentaler Ände¬
rungen der obersten mechanischen Grundgesetze wie des Prinzips
der Addition der Geschwindigkeiten, der Konstanz der Masse und
der Energie (Äquivalenz und Komplementarität beider, Trägheit
der Energie). Der Begriff des starren Körpers wird relativiert, dem
rotierenden Körper eine Torsion zugeschrieben usw. Die alten
Fassungen der mechanischen Grundgesetze erscheinen als bloße
Annäherungen, deren Ungenauigkeit nur darum nicht merklich
wurde, weil man es nur mit Geschwindigkeiten zu tun hatte, denen
gegenüber die Lichtgeschwindigkeit praktisch als unendlich groß
angesehen werden kann. Ebenso wie die allgemeine Relativitäts¬
theorie nur bei sehr großen Massen merkliche Abweichungen von