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alle Theile des Nervensystems, dass seine Erregbarkeit
bei verschiedenen Menschen sehr verschieden ist. Bei
manchen wird er leicht in Thätigkeit versetzt, reagirt
stark auf relativ unbedeutende Impulse.
Die alltägliche Erfahrung lehrt, wie leicht manche
Menschen im Vergleich zu andern Herzklopfen bekommen,
erröthen oder erblassen, Hitze oder Kälte empfinden, und
wir wissen alle, dass diese vasomotorisch erregbaren In¬
dividuen auch die sind, welche leicht heftig oder zornig
oder übermässig lustig etc. werden. Es sind nicht nur
individuelle, oft vererbte Unterschiede, welche sich auf
diesem Gebiete geltend machen; auch mehr generelle
Verhältnisse spielen hier eine — oft höchst wichtige —
Rolle. Die Frauen, deren Nervensystem, und hier beson¬
ders gerade sein vasomotorischer Abschnitt, sich in so
mannigfacher Weise viel höher erregbar als das der Män¬
ner zeigt, sind ja auch eine viel leichtere Beute der
Affecte als das stärkere Geschlecht, und Aehnliches gilt
von den Kindern im Vergleich mit den Erwachsenen.
Wie bekannt, bedingen auf diesen Gebieten auch Rassen-
eigenthtimlichkeiten erhebliche Unterschiede, und da wrir
auf anderem Wege nicht sonderlich viel von Unterschieden
der vasomotorischen Erregbarkeit bei den verschiedenen
Menschenrassen zu wissen bekommen, dürfen wir hier
vielleicht den Schluss umkehren und von der geringeren
oder grösseren Beweglichkeit auf eine entsprechende Reiz¬
barkeit der Gefässnerven schliessen. Eine besondere -Auf¬
merksamkeit — vregen der Perspective in die Zukunft,
die dadurch eröffnet wird — verdient der Umstand, dass
sowohl Individuen wie Völker im ganzen um so mehr den
Affecten unterwarfen sind, auf je tieferer Bildungsstufe
sie stehen.