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sagt {de anima brutor.), dass Frauen vor Freude ohnmächtig
werden und Männer durch sie sterben, aber nicht vor Zorn.
Mit dem Vorbehalt, dass auch der Tod vor Freude, wenig¬
stens heutzutage, wo ja die Affecte im Ganzen weniger
überwältigend sind, als in früheren, naiveren Zeiten, sehr
selten ist, scheint diese Regel richtig, vielleicht aber nicht
frei von Ausnahmen, da in einem Falle die auf ihren
Höhepunkt getriebene Raserei einer bösartigen Frau sie
auf der Stelle getödtet hat (s. Schauenstein in Maschka’s
Handbuch der gerichtlichen Medicin. Bd. I, pag. 81318).
Wie schon früher bemerkt, ist es nicht meine Absicht,
hier ein physiologische Analyse aller körperlichen Phäno¬
mene der verschiedenen Affecte zu versuchen.
Ich begnüge mich vorläufig mit dem Versuch an den
hier erörterten vier grossen Affecten, und das auch nur
in ihren ausgeprägtesten Formen, so zu sagen ihrer con-
ventionellen Gestalt, — denn das leuchtet ja ein, dass es
psychische Zustände giebt, die unter der Bezeichnung
Freude, Zorn, etc. gehen, ohne nach ihren physiologischen
Erscheinungen ganz in die oben gegebenen Schilderungen zu
passen. Das bedeutet nicht Fehler oder Unvollkommen¬
heit der Analyse, sondern unvermeidliche Folge des schon
früher hervorgehobenen Umstandes, dass die ganze hier
angewandte Methode des Vorgehens, in der der Ausgangs¬
punkt bei den alltäglichen Begriffen genommen wird, an und
für sich verkehrt und unlogisch ist, wenn auch hoffentlich
zweckmässig zur Erreichung einer vorläufigen Verständigung.