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Die wichtigste Methode derselben, das Experiment, ist hier
von geringem oder gar keinem Nutzen, weil die Thier¬
psychologie noch auf zu schwachen Füssen steht, als dass
man auf diesem Gebiete Schlüsse von Thieren auf Men¬
schen ziehen könnte, während sich aus vielen und nahe¬
liegenden Gründen nur selten die Gelegenheit bietet,
einigermassen exacte Versuche an Menschen anzustellen.
Man ist also in allem Wesentlichen auf die einfache Be¬
obachtung an sich und anderen angewiesen, „die klinische
Beobachtung“, um den entsprechenden medicinischen Aus¬
druck zu brauchen, indem man unter dieser Bezeichnung
die Beobachtung der Symptome zusammenfasst, die sich
gelegentlich von selbst darbieten, mit allen Zufälligkeiten
einer solchen, im Gegensatz zu der experimentellen Unter¬
suchung künstlich und planmässig hervorgerufener Symptome,
Besonders lehrreich sind nun Fälle, wo die Affecte mit so
heftigen oder anhaltenden physiologischen Störungen auf-
treten, dass wir auf das pathologische Gebiet kommen;
der Grad, den die Symptome hier erreichen, und besonders
der Umstand, dass sie ihrer ernsten Bedeutung wegen oft
unter die Beobachtung und Behandlung Sachverständiger
kommen, macht das Studium der „emotionellen Krank¬
heiten“ in psychologischer Beziehung besonders wichtig,
oder wird es jedenfalls dazu machen, wenn es einmal
systematischer als bisher in Angriff genommen wird.
Mit den Resultaten solcher bewussten Beobachtungen
muss man die Ausbeute der mehr unwillkürlichen, naiven
Erfahrungen vergleichen, welche die Generationen im Lau!
der Zeiten gemacht haben, welche zum Besitz des allge¬
meinen Bewusstseins geworden sind, und in mannigfachen
sprachlichen Ausdrücken und bildlichen oder sprichwört¬
lichen Redewendungen aufbewahrt werden. Auf diesem