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Ausdruck der Verachtung.
Cap. 11.
dene. Aus diesen Umständen hat Mr. Lemoine gefolgert l, dass
ihre Beschreibungen nicht zuverlässig sind. Wft werden aber so¬
fort sehen, dass es sehr natürlich ist, dass die Empfindungen,
welche wir hier zu betrachten haben, auf viele verschiedenartige
Weise ausgedrückt werden, insofern verschiedne gewohnheitsge-
mässe Handlungen gleichmässig gut, durch das Princip der Asso¬
ciation nämlich, zum Ausdrucke derselben dienen.
Spott und Geringschätzung können ebenso wie Hohn und her¬
ausfordernder Trotz durch ein unbedeutendes Entblössen des Eck¬
zahns auf einer Seite des Gesichts dargestellt werden, und diese
Bewegung scheint allmählich in eine andre überzugehen, die einem
Lächeln ausserordentlich ähnlich ist. Oder das Lächeln oder das
Lachen kann ein wirkliches sein, wenn auch ein höhnisches, und
dies setzt voraus, dass der Beleidiger so bedeutungslos ist, dass
er nur Erheiterung erregt ; die Erheiterung ist aber meist nur
ein Vorwand. Gaika bemerkt in seinen Antworten auf meine
Fragen, dass von seinen Landsleuten, den Kaffern, Verachtung ge¬
wöhnlich durch ein Lächeln gezeigt wird; und der Rajah Brooke
machte dieselbe Beobachtung in Bezug auf die Dyaks von Borneo.
Da das Lachen ursprünglich der Ausdruck einfacher Freude ist,
so lachen, wie ich glaube, kleine Kinder niemals aus Hohn.
Das theilweise Schliessen der Augenlider, wie Duchenne her¬
vorhebt 2, oder das Wegwenden der Augen oder auch des ganzen
Körpers sind gleichfalls äusserst ausdrucksvoll für Geringschätzung.
Diese Handlungen scheinen erklären zu sollen, dass die verachtete
Person nicht werth ist, angesehen zu werden oder unangenehm
anzusehen ist. Die beistehende Photographie (Tafel V, Fig. 1)
von Mr. Rejlander zeigt diese Form der Geringschätzung. Sie
stellt eine junge Dame dar, von der man sich vorstellen kann,
dass sie die Photographie eines verachteten Liebhabers zerreisst.
Die gewöhnlichste Methode, Verachtung auszudrücken, ist die
durch gewisse Bewegungen um die Nase und um den Mund. Aber die
1 De la Physionomie et de la Parole, 1865, p. 89.
2 Physionomie Humaine, Album, Légende VIII, p. 35. Gratiolet
spricht auch (De la Physionomie, 1865, p. 52) von dem Wegwenden dei
Augen und des Kopfes.