Fünfzehntes Kapitel: Dritte äfthetifche Grundnorm in gegenftändlicher Bezeichnung. 553
Einfchränkungen meiftens nicht vorgenommen wurden, doch gerade
die Anwendung des Spielbegriffes auf das Äfthetifche — eben infolge
jener wefentlichen Ähnlichkeit — die äfthetifche Einficht in hohem
Grade gefördert.
Noch fei bemerkt, daß fich für gewiffe Geftaltungen die Heran¬
ziehung des Spielbegriffs befonders eignet. Das Komifche und na¬
mentlich wiederum gewiffe Geltaltungen des Komifchen, fo das Komifche
der feinen Art, das zwifchen Scherz und Emit fchwebt, und der über¬
mütige, unbefchwerte Humor, aber auch gewiffe Formen des Roman-
tifchen drängen den Älthetiker geradezu dazu hin, zum Zwecke der
Charakterifierung nach dem Spielbegriff zu greifen.
5. Wenn vom älthetifchen Schein die Rede ift, fo kann man Nochmals die
noch an drei andere Seiten des älthetifchen Verhaltens denken. scheingewhie.
Man kann die älthetifchen Gefühle, wie fchon einigemal hervor¬
gehoben wurde (S. 165, 196,498), als „Scheingefühle“ bezeichnen,
wie denn auch befonders Hartmann und Lange fich diefer Bezeich¬
nung bedienen. Nur muß man alle fchiefe und vermifchende Auf-
faffung fernhalten. Scheingefühle find die älthetifchen Gefühle info¬
fern, als fich an ihnen die Herabfetzung des Wirklichkeitsgefühles be¬
merkbar macht, oder anders ausgedrückt: infofem als fie fich nicht
auf die volle Wirklichkeit, fondern auf eine Scheinwelt beziehen. Die
älthetifchen Scheingefühle find durchaus wirkliche Gefühle, keine
bloßen Gefühlsreproduktionen; nur haben fie unter dem Einfluß des
Scheincharakters der Wirklichkeit, auf die fie fich beziehen, eine ge¬
wiffe Abfchwächung und Umwandlung erfahren. Dies wurde an den
bezeichneten Stellen zur Genüge dargelegt. Am meilten tritt ohne
Zweifel gegenüber den Kunltwerken das Scheinhafte an den Gefühlen
hervor. Denn hier ltehen die Gefühle nicht nur unter dem Einfluß
der allgemeinen älthetifchen Scheinhaftigkeit, fondern auch unter
dem befonders Itarken Einfluß des Kunltfcheines.
Man kann zweitens auch von Scheinbefeelung fprechen. Die Die äfthetifche
fymbolifche Einfühlung in das Untermenfchliche kann mit gutem befeelung.
Sinn als Scheinbefeelung bezeichnet werden. Der wirkliche wie der
gemalte Baum erhalten durch die Einfühlung eine Scheinfeele. Der
wirkliche wie gemalte Ritter erhalten durch die Einfühlung eine Seele,
die ihnen als Menfchen wirklich zukommt. So iit alfo das Reich des
Untermenfchlichen in älthetifcher Hinficht ein Reich der Scheinbefeelung.
Und drittens wird fich uns auch bei Betrachtung der vierten Di'»«1'*“**
Norm eine Scheinfeite am Älthetifchen ergeben. Die orgamfche Ein-