Vorwort.
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feft, daß das Äfthetilche, bei allen Zufammenhängen mit
dem finnlichen Boden unferer Natur, in jedem Falle doch
erft innerhalb der höchften, vergeiftigteften Betätigungskreife
unferes feelifchen Lebens zu ftande kommt. An jedem
äfthetifchen Eindruck ift unter Ich mit feinem ideal gerichteten
Können, mit leiner edelften Geiftigkeit beteiligt. So fehr
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das Afthetifche aus feiner Verknüpfung mit Empfindung
und Leiblichkeit Farbe und Duft und Frifche zieht, fo wird
es doch erft dadurch eine finn- und wertvolle Geftaltung,
daß fich die höchften und feinften Betätigungen unferes
Geiftes mit feiner finnlichen Grundlage verbinden.
Und noch eine andere Synthefe möchte ich hervor¬
heben. Ich fuche einerfeits den Stimmungen zu ihrem
äfthetifchen Rechte zu verhelfen und will anderfeits dem
Äfthetifchen doch den großen menfchlichen Gehalt gewahrt
fehen. Ich betrachte es als eine charakteriftifche Aufgabe
einer Äfthetik gerade der heutigen Zeit, die künftlerifchen
Gefühle bis in ihre allerfubjektivften Regungen, bis in die
feinften Stimmungsverwebungen hinein zu verfolgen; wie
ich denn die Fortfehritte in der Verfeinerung und Verwick¬
lung der Stimmungen und in der Fähigkeit des Stimmungs¬
ausdruckes für eine wichtige Errungenfchaft der modernen
Kunft halte. So wird man denn in meinen Darlegungen,
vor allem foweit es fich um den äfthetifchen Wert der unter-
menfchlichen Formen handelt, die pfychologifche Analyfe
mit befonderer Vorliebe in das Stimmungsleben eindringen
fehen. So grob und kahl indeffen mir auch bei Vernach-
läffigung der Stimmungen das künftlerifche Genießen zu
werden fcheint, fo will ich doch anderfeits alles, was dem
menfchlichen Leben objektiven Wert und fachliche Aus¬
füllung gibt, auch dem Äfthetifchen zum Inhalt geben. Die
Äfthetik, wie ich fie auffaffe, mißt dem Selbftgenuffe der Sub¬
jektivität, der Spiegelung von Welt und Leben in dem zarten