Sechzehntes Kapitel.
Das ästhetische Beziehen und Gliedern.
Wichtigkeit
der
beziehenden
Funktion im
älthetifchen
Verhalten.
Die
Funktion
des
Beziehens
im ge¬
wöhnlichen
Sehen.
1. Eine wichtige Seite am äfthetifchen Betrachten habe ich bis
jetzt abfichtlich gänzlich außer acht gelaffen. Unmittelbar in und
mit dem finnlichen Anfchauen vollzieht fich fowohl im gewöhnlichen
Leben, als auch im äfthetifchen Verhalten ein mannigfaltiges Ver¬
binden, Trennen, Gruppieren, Einigen, Gliedern. Die finnlichen Ein¬
drücke gehen Hand in Hand mit der Funktion des Beziehens vor
fich. Gilt dies fchon von dem gewöhnlichen Wahrnehmen, fo in
ganz befonderem Maße von der finnlichen Seite des äfthetifchen
Verhaltens. Die Funktion des Beziehens nun eben ift es, die ich
jetzt in ihrer Bedeutung für das finnliche Anfchauen im äfthetifchen
Verhalten betrachten will.
Im Vergleich mit den ausführlichen Erörterungen, die befonders
im Zufammenhang mit der Einfühlung den niederen Empfindungen
gewidmet waren, kann es fcheinen, daß die Bedeutung der höheren
Sinne für das äfthetifche Verhalten bisher nicht zu ihrem Rechte
gekommen fei. Durch die folgenden Betrachtungen erft wird die
Gefichts- und Gehörsgrundlage des äfthetifchen Verhaltens in ihr
volles Recht eingefetzt werden.
2. Wir faffen zunächft die Gefichtswahrnehmungen ins Auge.
Die Entwicklung des Sehens ift fchon im zweiten Lebensjahre
des Kindes foweit, daß die Eindrücke der gewohnten Umgebung
unmittelbar als Dinge aufgefaßt werden. Für den Erwachfenen find,
wenn nur das Sehen deutlich ift, faft alle Gefichtseindrücke als zu
Dingen geordnet vorhanden. Selbft wenn wir Werkzeuge, Mafchinen,
Pflanzen, Tiere fehen, die uns bis dahin unbekannt geblieben find,
fo erfcheinen uns auch fie, gemäß der Ähnlichkeit mit bekannten
Eindrücken, als Dinge. Nur wo uns Gefichtseindrücke als wirre,