Vorwort.
Langfam ift mir aus Arbeit Befchäftigung und Genuß
meine Äfthetik herausgewachfen.
Vor achtundzwanzig Jahren fchon, beim Eintritt in meine
akademifche Lehrtätigkeit, entftand meine Schrift über den
äfthetifchen Symbolbegriff. Bald darauf verfuchte ich in
einer Vorlefung, die Grundfragen der Äfthetik zum erften-
mal im Zufammenhange zu behandeln. Doch da um diefe
Zeit Erkenntnistheorie und Pfychologie im Vordergründe
meines Arbeitens ftanden, kam ich erft vom Jahre 1890 an
dazu, regelmäßig Vorlefungen über allgemeine Äfthetik zu
halten. Von da an habe ich die Grundlagen der Äfthetik
achtmal zum Gegenftande einer Vorlefung gemacht. Be-
fonders die fortfehreitende Aus- und Umarbeitung, der ich
hierbei jedesmal mein Vorlefungsheft unterzog, ließ im Laufe
der Zeit immer mehr in mir das Gefühl erftarken, daß meine
äfthetifchen Gedankenreihen dem Grad von Ausreifung ent¬
gegengingen, der es rechtfertige, an ihre Veröffentlichung
zu denken.
Das gleiche Gefühl erwuchs mir aus meiner Befchäftigung
mit der Kunft. Während der ganzen Arbeit hatte ich die
beruhigende Gewißheit, daß meine Gedanken über Äfthetik
nicht etwa nur aus pfychologifchen und überhaupt philo-
fophifchen Erwägungen entfprungen feien, fondern eben-
fofehr die mannigfaltigen Erfahrungen zu ihrem Nährboden
haben, die mir aus einem umfaffenden und im Laufe der
Jahre fich immer weiter ausbreitenden Betrachten und Genießen