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Recapitulation.
Fassen wir recapitulirend Alles zusammen, so haben wir
auf der objektiven physiologischen Seite die beiden
Molekular-Processe der Anhäufung vorräthiger
Arbeit durch Bildung komplexer Verbindungen und der
Auslösung von lebendiger Kraft durch Reduktion der
komplexeren Verbindungen in einfachere — Ersatz und Ver¬
brauch — negative und positive Molekular-Arbeit
Auf der subjektiven psychischen Seite dagegen be¬
gegnen wir den beiden Processen der Selbsterhaltung
und Veränderung, der anpassenden Gewöhnung und
des Kontrastes. Auf beiden Seiten ist jedes Glied des
Gegensatzes ebenso wesentlich für die Fortsetzung des organischen
Processes als das andere. Auch so noch werden wir die
beiden Gegensatzpaare nicht einfach parallel zu setzen haben,
d. h. wir werden nicht einfach sagen: in jedem einzelnen
Falle und in aller Strenge entspricht die Gewöhnung dem
negativen Molekular-Processe, der Ansammlung von Spann¬
kräften, der Kontrast dem positiven Molekular-Processe, dem
Verbrauche. Wohl aber wird dies im Allgemeinen und im
Grossen und Ganzen allerdings der Fall sein, dass dem Ueber-
wiegen des negativen Processes die Gewöhnung dem Ueberwiegen
des positiven der Kontrast entspricht.
Die den Organismus umgebenden Medien, die äusseren
Reize, bilden eine Kette — oder vielmehr, was richtiger ist,
ein aus zahllosen nach allen Richtungen durcheinanderlaufendes
unendlich vielfältiges Gewebe fortwährender Molekular-Ver¬
änderungen. In dieses Gewebe oder Netz von Veränderungs-
Reihen ist der Organismus, selbst ein Veränderliches, selbst
ein Gewebe von Molekular - Processen, hineingestellt; und die
ihn konstituirenden Atome und Moleküle befinden sich mit den
Uebrigen zunächst im gewöhnlichen physisch - chemischen
Wechselverkehr. Was als Neues hinzukommt, ist eben jener
negative Molekular-Process, die Ansammlung vorräthiger Arbeit
in bestimmter Form und in hochkomplicirten Verbindungen.
Dieselbe stellt sich uns dar als ein den physikalischen Agentien
geleisteter Widerstand, als eine neue, besondere organische