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Der Begriff des Vermögens.
Fall abspinnt, wie das Dasein einer Behörde in Erledigung
der einzelnen verkommenden Geschäfte aufgellt. Ebenso noth-
wendig wie die Veränderung selbst ist es aber, dass sie jedes¬
mal durch die Gewöhnung wieder aufgehoben wird; eine Ver-
änderung, an die wir uns schlechthin nicht gewöhnen können,
ist mit dem Leben unvereinbar, sie [muss beseitigt werden oder
das Leben geht zu Grunde. Die Veränderungen also, die an
den Organismus oder einen Theil desselben herantreten, können
mit demselben vereinbar, assimilirbar, gewöhnbar sein oder
nicht. Ob sie dies sind oder nicht, hängt jedoch nicht allein
von der Grösse dieser Veränderungen, der Intensität des äusseren
Reizes, sondern ebensowohl von der Beschaffenheit des Organis¬
mus, beziehungsweise des empfindenden Theiles ab. Hier tritt
der fundamental wichtige Begriff des Vermögens ein. Dieses
dürfen wir im weitesten Sinne bezeichnen als das Mass der¬
jenigen Veränderungen, welche noch innerhalb der Grenzen
der Möglichkeit der Erhaltung des Organismus, beziehungsweise
der empfindenden Partikel fallen. Veränderungen, welche
darüber hinausgehen, werden theils gar nicht, wenn Zerstörung
r
der Nervensubstanz eintrat, theils nur so wie die noch inner¬
halb der Vermögensgrenze fallenden Reize empfunden. Inner¬
halb dieser weiteren Vermögensgrenzen, die nach unten hin
durch den Begriff der Reizschwelle (d. i. diejenige Reiz¬
intensität, unterhalb deren Reize überhaupt nicht empfunden
werden), nach oben hin durch den der Reizhöhe (d. h. die¬
jenige Reizintensität, über welche hinaus Steigerung des Reizes
keine Steigerung der Empfindung mehr bewirken kann) und
in ihrer aufsteigenden Skala durch den Begriff Reizumfang
(cfr. Wundt, Grundz. S. 282 f. 293) treffend bezeichnet werden,
haben wir eine engere Zone des Vermögens, nämlich
das Vermögen, gewisse Reizgrade noch angenehm
zu empfinden. Es ist hier in der That von einem Ver¬
mögen im physischen Sinne, einer gewissen Robustheit des
Nervensystems die Rede. Denn wir begegnen an sehr
heruntergebrachten und geschwächten Nerven einer ganz ver¬
änderten Reizbarkeit, indem solchen Personen alle sonst noch