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Die Gefühle durchaus einfach.
mit einer gewissen Bewegungsvorstellung, die Vorstellung, dass
letztere eine von mir absichtlich hervorgebrachte war und
gegebenen Falles wieder hervorgebracht werden könnte, die
Befestigung dieser Associationen durch häufigere Wiederkehr,
welche durchaus unentbehrlich ist, um dieselbe als eine noth-
wendige erkennen zu lassen u. s. w. — genug Alles das zeigt
mit völliger Deutlichkeit die Zusammengesetztheit und Ent-
wickeltheit jener angeblichen Grundgebilde.
Hier dagegen im Gebiete der Gefühle haben wir es mit
durchaus einfachen Gebilden zu thun. Auch das allerroheste
>
Empfinden des einfachsten und niedrigsten Lebewesens empfindet
den Kontrast der Temperatur oder der chemischen Mischung
der es umgebenden Medien und kehrt mit Befriedigung in
seine normale Gleichgewichtslage zurück. Aber auch in unserem
menschlichen Seelenleben, das ja im Vergleich zu jenem etwas
unendlich Komplicirtes ist, bildet das Empfinden des Kontraste»
und die Rückkehr zur Gleichgewichtslage das früheste,
elementarste Stadium. Wie künstlich auch der Bau des ein¬
fachsten Nerven-Apparats und wie hoch zusammengesetzt seine
Substanz auch immer sich erweist, und wenn es vom Stand¬
punkt der Entwicklungslehre auch wahrscheinlich sein mag,
dass auch das elementarste Empfinden der höheren Thierklassen
ein Produkt einer ebenso langen Entwicklung ist, als es der
Empfindung vermittelnde Nervenapparat selbst ist: so ist doch
für uns, die wir einmal auf dem Boden jener Entwicklung
des höheren Thierlebens stehen, der Empfindungsvorgang
psychisch etwas schlechthin Einfaches, völlig Elementares. Wir
empfinden eine gewisse Veränderung, die uns einem gewissen
Gleichgewichtsstande annähert oder von demselben entfernt.
Dieser Empfindungsprocess kann Vorgehen und geht wirklich
vor in jeder Nervenprovinz, ja in jeder kleineren Partikel und
er vollzieht sich in jeder unabhängig von dem Empfinden der
übrigen Partikeln und Provinzen. Dieses diskrete Empfinden
ist offenbar das Rohmaterial, aus der jene systematische Ein¬
heit des Bewusstseins sich zusammensetzt. Dabei entspricht
das Gleichgewicht ersichtlich der Konstanz, der Kontrast der