mit den politischen Gefühlen.
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seinen Schicksalen aufs Engste verwachsen, während das
leichter mobilisirte Kapital doch am Kredit und den politischen
Staatsverhältnissen sein eigentliches Fundament und Rückgrat
hat. Macht und Einfluss aber beruhen ganz und gar in j
diesen, wie auch das ganze gewerbliche Lehen in Produktion
und Konsumtion durchaus nur in der Stabilität der Staats¬
verhältnisse die Möglichkeitsbedingungen seiner Entfaltung
finden. Alle socialen Verhältnisse entwickeln sich im Staate als
ihrem Rahmen, ihrer Daseinsform, ihrem Mutterboden, sie
empfangen vom Staate ihre gesetzlichen Normen und recht¬
lichen Formen. Sie bilden den wesentlichen Inhalt, die noth-
wendige Erfüllung der Staatstonn, die ohne solche gesell¬
schaftliche Erfüllung eine wesenlose, leere, ganz und gar
undenkbare Form bliebe. Dem entsprechend fühlt sich auch
jeder Stand, jeder Beruf u. s. w. als ein nationaler und politischer.
Der Adel fühlt sich als deutscher, preussisclier, Bairischer, ja
sogar als westfälischer u. s. w. Der Officier ist deutscher oder
preussisclier u. s. w. und gerade darin liegt für ihn das Wesent¬
liche, der Kern seines Standesgefühls. Der preussische
Beamtenstand blickt mit gerechtfertigtem Selbstgefühl auf
dieses nationalpolitische Epitheton, welches einen ruhmvollen
Klang hat. Der deutsche Kaufmann und selbst der deutsche
Arbeiter durften bis auf diesen Tag mit berechtigter Emphase
das nationale Beiwort führen, welches durch die Bedeutung
von besonderer Redlichkeit, Ausdauer und Verlässlichkeit ihnen
in allen Erdtheilen zur besonderen Empfehlung gereichte.
22. Die Gefühle höherer, materialer Sittlichkeit.
Das Sittengesetz.
Die Familie und die Gemeinde, der Staat und die Ge¬
sellschaft bilden eine Reihe, in der immer jedes folgende Glied
das vorhergehende ergänzt, den Inhalt desselben ausmacht,
während letzteres die Form dafür darbietet. Den Anfang der
ganzen Reihe aber macht die Liebe, das eigentliche und wahre