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Amt, Wissenschaft, Bildung, Besitz.
Scholarchen nahen und Alle diese müssen wieder dem Wachtposten oder
wachthabenden Officier ebenso schuldigen Gehorsam leisten als der Banquier
oder Handwerker. Zweitens aber schiebt sich zwischen diese Aemter, die
unmittelbaren Organe der Staatsregierung und das Volk die grosse
Klasse der mittelbaren Staatsbeamten (Gemeinde-, ständische und
Korporationsbeamten) ein, welche theils als wirkliche Berufsbeamten in
ihrem Amtscharakter völlig aufgehen, theils neben ihrem Privatberuf
das Amt als Neben- und Ehrenamt bekleiden. Endlich bilden die zahl¬
reichen Angestellten grosser Privatinstitute (Versicherungsgesellschaften,
Banken, Eisenbahnen) eine breite Vennittlungs- und Uebergangsstufe
von den eigentlichen Beamten zu den Privaten, wie andrerseits auch
bisweilen das. unmittelbare Staatsamt (z. B. in Postagenturen, fiskalischen
Recepturen) an Private als Nebenbeschäftigung verliehen wird. So
bildet das Amt statt eines einzelnen Standes in Wahrheit eine alle
Stände und Klassen umspannende, ihr Verhältnis zur Staatsgewalt aus¬
drückende logische Kategorie, der als letztes Glied der Privatstand
hinzutritt.
Analog wie mit dem Amt verhält es sich mit der Wissen¬
schaft und Kunst, deren Vertreter grossentheils im Staatsdienst
stehen, weil der Staat an der Förderung und Ausbreitung derselben
ein unmittelbares und dringendes Interesse hat, die aber sowohl in
diesem Dienst als auch im Privatstande den Antrieb und ihre Autorität
nicht aus dem Aufträge des Staats, sondern aus der Initiative ihres
eigenen Berufs herleiten. Von Beiden gemeinschaftlich ressortirt nun
wieder in hier nicht zu detaillirender besonderer Weise die allgemeine,
alle Stände, Klassen, Berufs- und Erwerbsarten umfassende Kategorie
der Bildung, alle durchsetzend und nach sehr fein abgestuften Reihen¬
folgen ihren Rang und ihre Ehren vertheilend.
An diese geistigen Mächte schliesst sich der grosse, heut zu Tage
mehr als je bedeutsame, aber leider mehr als je ausgedehnte Organismus
der Presse, aus allen Ständen rekrutirend, nach den verschiedensten
Beschäftigungsweisen (Rothstift und Scheere, Korrespondenten, Reporter,
gelegentliche und ständige Mitarbeiter, Redakteure) gegliedert und in
allen Graden der Vornehmheit abgestuft. An der Presse ist als mehr
oder minder thätiger Mitarbeiter fast jeder Gebildete zum mindestens
als Inserent, jeder ohne Ausnahme als Leser betheiligt. Auch sie
bildet daher eine alle Kreise umspannende allgemeine sociale Kategorie.
Nehmen wir hierzu noch den Besitz an Geld, Häusern, Lände¬
reien, der mit seiner mächtigen Einwirkung auf das individuelle Ergehen
und Behagen sich gleichfalls in sehr fein abgestufter Weise über alle
Stände und Kreise vertheilt, so wie Macht und Einfluss, die ausser
auf dem Besitz, auf amtlicher Stellung, auf Bildung, industrieller und
kommerzieller Bedeutung und andern Faktoren beruhen, so haben wir