Zur Einfühlung. II. Bestimmtheiten der Gegenstände.
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stimmtheit von beliebigen Gegenständen. Und indem ich dies tue,
denke ich einen Gegenstand hinzu, an welchem ich sie erleben kann.
Und dies Erleben von etwas an beliebigen Gegenständen ist
nun das Glauben. Freilich das Glauben identifizierte ich vorhin
und identifiziere ich auch sonst mit dem Erleben und der An¬
erkennung einer Gegenstandsforderung. Und oft genug habe
ich betont, daß die Anerkennung etwas Besonderes sei und
nicht mit beliebigem Erleben der Forderung identisch. Doch
sagte ich zugleich, sie sei das natürliche Ergebnis des Erlebnisses
der Forderung, wenn diese in uns heimisch werde. Dann wird
sie Herr über Gegenwirkungen, Bedenken, Zweifel, die in uns
Macht haben können. Und dann erst ist das Erleben ganz es
selbst. So können wir also doch darauf verzichten, von An¬
erkennung noch neben dem Erleben zu sprechen. Das Erleben
ist ein Empfangen oder Hinnehmen. Und das volle und rück¬
haltlose Hinnehmen schließt das Anerkennen in sich. Das bloße
Erleben und das Anerkennen, so können wir kurz sagen, sind
die zwei entgegengesetzten Seiten einer und derselben Sache,
sozusagen die entgegengesetzten Endpunkte einer einzigen Linie.
Was nun ist das Erleben? Wie beschreibe ich es? Auch
das Erleben kann ich in Wahrheit nicht beschreiben. Auch
das Erleben kann ich nur erleben. Und so kann ich auch das
Glauben oder das Erleben, das hier speziell in Frage steht, nicht
beschreiben, sondern nur es ausüben und es erleben.
Eines aber kann ich mit Gewißheit sagen, daß Denken und
Glauben verschieden sind. Wenn ich das Fliegen gebratener
Tauben mir nur einfach vorstelle oder es denke, so glaube ich
nicht, daß Tauben in gebratenem Zustand fliegen. Solange ich
es nur einfach, einer Laune meiner Phantasie nachgebend, denke,
so glaube ich überhaupt nicht an das Gedachte. Das Fliegen,
von dem wir reden, ist denkbar, darum doch nicht glaubbar.
So gibt es gar vieles Denkbare, das doch nicht glaubbar ist.
Nur die Geltungen, die Urteilsprädikate, kurz die geltenden
Bestimmtheiten oder Gegenstände, sind die glaubbaren.
Das Glauben aber bewegt sich zwischen den Gegensätzen
des Vermeintlichen und des Gültigen. Genügt hier das
Wort gültig nicht, so sage ich mit einem erläuternden Zusatz: