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Theodor Lipps.
Ganze wird. Von einer anderen Eigenart meines Tuns, d. h.
des numerischen Zusammenfassens als derjenigen, die darin be¬
steht, daß das eine Mal zu 7, das andere Mal zu 8, ein drittes
Mal zu 9 usw. zusammengefaßt wird, ist am Ende hier über¬
haupt nicht die Rede. Es ist, um noch deutlicher zu sein, die
Anzahl von 7 Bäumen, wenn wir, wie wir hier tun, nur an das
denken, was die Anzahl als solche charakterisiert, die gleiche
Anzahl, wie die Anzahl von 7 Häusern. Freilich sind jenes
7 Bäume und dieses 7 Häuser. Aber das Bäumesein und
das Häusersein gehört eben zur Eigenart nicht des Aktes, den
ich vollbringe, sondern der Gegenstände, die mir dazu Ge¬
legenheit oder Anlaß geben. Und die Frage lautet nun, ob
dieser Akt in seiner Eigenart und demnach auch in seinem
Ergebnis durch die Beschaffenheit der Gegenstände, an denen
er geübt wird, die also er vorfindet, bestimmt sei oder nicht-
Ist es aber so, daß die Siebenheit von Bäumen die gleiche
Siebenheit ist wie die Siebenheit von Häusern, oder daß 7 Bäume
das gleiche numerische Ganze sind wie 7 Häuser, dann scheint diese
Frage bereits verneinend beantwortet. Bleiben wir bei unserem
Beispiel einer numerischen Zusammenfassung oder der Bildung
einer numerischen Anzahl oder eines numerischen Ganzen, so
wissen wir, mögen die Bäume Bäume sein oder nicht und mögen
sie in sich selbst so oder anders geartete Bäume sein, so oder
so gestaltet oder gefärbt, mögen sie groß sein oder klein, jung
oder alt, wirklich oder nur g'edacht, dies alles braucht die Eigen¬
art unserer numerischen Zusammenfassung und ihres Ergebnisses
nicht zu ändern.
Und doch ist die Eigenart des numerischen Ganzen
durch das zu ihm Zusammengefaßte bestimmt. Nicht daß die
Bäume, die ich sehe oder vorstelle, Bäume sind und nicht etwa
Häuser, wohl aber, daß ich nicht an ihnen die Blätter zähle,
macht die Anzahl zu der bestimmten. Diese würde, wenn das
Zusammengefaßte die Blätter wären, eine sehr viel größere, in
jedem Falle also eine Anzahl von anderer Eigenart sein.
• Gewiß ist auch die tatsächlich von mir getroffene Auswahl
Sache meiner Willkür, aber sie ist die für die Bestimmtheit der
Anzahl notwendige Voraussetzung und insofern von ihr vor-