Zht Einfühlung. VI. Einfühlung und Urteil.
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Verhaltens mit der Forderung* der Gegenstände. Vielleicht ist
die besondere Erziehung-, die ich genossen habe und die nicht
etwa die Gegenstände genossen haben, der letzte Grund meines
Verhaltens und der Grund der Übereinstimmung. So wenig liegt
mein Verhalten in den Gegenständen und der Auffassung dieser
Gegenstände, daß andere die gleichen Gegenstände auffassen
und auch ihrer Forderungen sich bewußt sein und doch völlig
anders sich den Gegenständen gegenüber verhalten können.
Kurz es ist mit dem, den Forderungen der Gegenstände ent¬
sprechenden Verhalten nicht anders bestellt, als mit jenen „Wir¬
kungen“, welche die schon von uns aufgefaßten oder für uns
schon fertig vorhandenen Gegenstände in uns üben und von
denen schon oben die Rede war. Vielmehr wir. haben es hier
nur mit einem besonderen Fall dieser Wirkung zu tun.
Von diesem Gesichtspunkt aus ist, wie hier nebenbei bemerkt
werden mag, auch der bekannte und viel besprochene Gegensatz des
Handelns „aus Pflicht“ und des Handelns „aus Neigung“ zu be¬
urteilen. Man könnte zunächst sagen, ein solcher Gegensatz be¬
stehe gar nicht. Es gebe gar kein Handeln aus Pflicht. Wohl gebe
es ein pflichtgemäßes oder legales Handeln. Dies aber sei viel¬
leicht in Wahrheit ein Handeln aus dem Wunsch einer Strafe
zu entgehen oder aus der Lust an einer dem Handelnden in
Aussicht gestellten Belohnung. Und dies werde auch nicht
anders, wenn etwa der Handelnde durch sein Handeln ewiger
Höllenstrafe zu entgehen oder etwaige Himmelsfreuden zu er¬
langen hoffe, obgleich im letzteren Falle freilich das Handels¬
geschäft als ein sehr günstiges, „a good bargain“, ja am Ende
gar als ein Wuchergeschäft zu bezeichnen wäre. In Wahrheit
sei unser Handeln immer und es sei notwendig ein Handeln
aus Neigung. Immer sei dabei eine „Neigung oder ein innerer
Drang* das Treibende oder der Bestimmungsgrund“. Vor allem
dann, wenn unser Handeln recht oder sittlich heißen solle, müsse
es ein Handeln aus freier Neigung sein.
Dies ist nun wohl richtig, nur scheint eins vergessen. Es gibt
allerlei Neigungen. Nicht bloß die Neigung der Unannehmlich¬
keit einer Bestrafung, vor allem auch den ewigen Höllenstrafen
zu entgehen oder die Neigung, in Aussicht gestellte Genüsse,