Theodor Lipps.
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Recht der Unterscheidung’. Immer ist dann doch in gleicher
Weise die Fragfe der Einfühlung* die, ob ich in meinem Tun
den Gegenständen, so wie sie für mich da und in sich selbst
beschaffen sind, folge und gerecht werde, durch sie bestimmt*
also gegenständlich bedingt bin. Jedesmal stammt das Tun
als mein Tun aus mir oder ist eine Bestimmtheit meiner.
Folge ich aber in dem Tun den Gegenständen, dann ist für
mich mein Tun ihr Tun, meine Bestimmtheit ihnen zugehörig.
Und das Erleben dieses Tatbestandes ist das Erleben einer Ein¬
fühlung.
Zur Einfühlung.
VI. Einfühlung und Urteil.
Einfühlung, dies sage ich auch hier, ist dies, daß eine Be¬
stimmtheit meiner, also ein subjektives Moment, für mich eine
Bestimmtheit eines von mir aufgefaßten oder für mich vor¬
handenen Gegenstandes ist, daß also diese Bestimmtheit für
mein Bewußtsein in dem Gegenstand liegt, d. h. an ihm von
mir miterlebt wird und nach Aussage meines Erlebens zugleich
in dem Sinne zu dem Gegenstand „gehört“, daß die Bestimmtheit
ihre Eigenart hat, weil der Gegenstand, der mir geistig vor
Augen steht, derjenige ist, der er ist.
Im folgenden nun handelt es sich nicht um das Urteil, sondern
es soll eben diese Tatsache der Einfühlung weiter verdeutlicht
und vor Mißverständnis geschützt werden. Aber dies soll in
der Weise geschehen, daß die Einfühlung mit dem Urteil in
Vergleich gestellt wird. Dabei soll zunächst nur von einer Art
der Einfühlung die Rede sein, nämlich von der Stimmungs¬
einfühlung. Und diese wiederum soll vorzugsweise durch ein
einziges Beispiel repräsentiert werden.
Wir verstehen, auch im folgenden, unter Auffassungstätig¬
keit ganz allgemein die Tätigkeit, durch welche es geschieht, daß
etwas oder daß ein Gegenstand für uns da ist oder uns geistig
gegenübersteht, daß ein Gegenstand geistig in unseren Besitz
gelangt. Wir lassen, indem wir dies Wort gebrauchen, gan&