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Grundlegung.
Zusätze zu den Assoziationsgesetzen,
Die mitunter versuchte Rückführung der Assoziation der Ähn¬
lichkeit oder Übereinstimmung auf Erfahrungsassoziation ist unmög¬
lich. Vielmehr ist die Ähnlichkeitsassoziation die Grundassoziation.
Auch die Wirksamkeit der Erfahrungsassoziation setzt dieselbe voraus.
Erinnert mich eine Stimme, die ich höre, an die Gestalt des Men¬
schen, dem die Stimme erfahrungsgemäß zugehört, so ist mein
gegenwärtiges Gehörsempfindungserlebnis doch demjenigen, das mir
ehemals zuteil ward, nicht absolut gleich, sondern nur ähnlich.
Und wären auch beide Erlebnisse einander gleich, so wären sie
doch nicht identisch. Nur mit der ehemals gehörten Stimme oder
dem ehemaligen Gehörsempfindungserlebnis aber hat sich in meiner
Erfahrung die Gestalt, genauer die optische Wahrnehmung derselben,
verknüpft. Es muß also die jetzt gehörte Stimme die Gestalt repro¬
duzieren durch die ihr gleiche oder ähnliche hindurch. Und damit
nun ist eine Ähnlichkeitsassoziation statuiert. Ähnlichkeitsassoziation
besagt allgemein nichts anderes, als daß ein Erlebnis auf ein anderes
vermöge der Ähnlichkeit oder Gleichheit zwischen beiden hinwirkt.
Dagegen lassen sich allerdings beide Assoziationsarten unter
einem einzigen Namen befassen. Beide Gesetze der Assoziation
sind Gesetze der Einheitlichkeit des seelischen Geschehens. Das
Gesetz der Ähnlichkeitsassoziation ist ein Gesetz der qualitativen,
das Gesetz der Erfahrungsassoziation ein Gesetz der empirischen
Einheitlichkeit.
Und es lassen sich noch bestimmter beide Gesetze bezeichnen
als Gesetze der Vervollständigung oder der Totalität. Ist ein A
einem B ähnlich, so haben sie beide ein a gemein. A ist aa, B
ist ha. Es ist also in A zugleich ein Teil des B, nämlich das in
beiden enthaltene «, gegeben. Demgemäß kann die Tendenz des
Auftretens des B im psychischen Lebenszusammenhange, nachdem
das A darin aufgetreten ist, als eine Tendenz der Vervollständigung
dieses a zu B bezeichnet werden. Wiefern das Gesetz der Er-
fahrungsassoziation ein Gesetz der Vervollständigung ist, braucht
nicht mehr gesagt zu werden.
Bei alledem bleibt doch der Gegensatz zwischen beiden Asso¬
ziationsarten bestehen. Die Assoziation ist Ähnlichkeitsassoziation,