Unterscheidung der Arten des Strebens.
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der Befriedigung. Von solcher Lösung der Spannung kann offen¬
bar nur die Rede sein, sofern das Streben ein aktives ist.
Dies hindert nicht, daß auch dies Gefühl der Befriedigung
wiederum Aktivitäts- und Passivitätscharakter haben kann. Aktivitäts¬
charakter hat das Gefühl der Befriedigung durch mich, oder das
Gefühl meines Gelingens, des Hervorgehens des Erfolges aus
meinem Tun, und durch dies hindurch aus meinem Wollen. Das¬
selbe entsteht, wenn das Geschehen, aus dessen Hemmung das
Strebungsgefühl sich ergibt, aus sich heraus — oder, was beim
»aktiven« Streben dasselbe sagt, durch mich — sich verwirklicht
oder vollendet. Das Gefühl der passiven Befriedigung ist das Gefühl,
daß das Erstrebte mir »zuteil wird«, »geschieht«, in den Schoß fällt.
Dasselbe entsteht, wenn nicht aus dem Streben selbst heraus, sondern
davon unabhängig, durch Gunst irgendwelcher »Umstände«, die Ver¬
wirklichung des Erstrebten sich vollzieht.
Das aktive Gefühl des »nackten« Strebens ist das Gefühl des
»Wünschens«. Das aktive Streben, das auf ein Tun gerichtet ist,
ist das »Wollen«. Alles Wollen ist ein Tunwollen. Im bloßen
Wünschen — Ich wünsche, daß das Wetter sich bessern möge —
liegt nichts von Arbeit oder Tätigkeit. Sage ich dagegen: Ich »will«,
daß etwas geschehe, so sage ich damit, daß ich etwas dazu tun
kann und tun »will«.
XVI. Kapitel: Arten des Strebens.
Unterscheidung der Arten.
Hierauf kommen wir zurück. Zunächst wenden wir unseren Blick
nach anderer Richtung.
Hinsichtlich dessen, was in einem Streben erstrebt oder in einem
Tun vollbracht wird, sind, entsprechend den möglichen »Tendenzen«
des psychischen Geschehens, sechs Fälle zu unterscheiden. Stellen
wir zunächst diese Tendenzen fest. Sie sind die folgenden:
Erstens: Jede Auslösung eines psychischen Vorganges schließt
die Tendenz des Eintretens und Wirksamwerdens desselben im
psychischen Lebenszusammenhange, und weiterhin seines Bewußt¬
werdens in sich.