— 17
zurückgreifen. Es sei noch hinzugefügt, daß Engelmann auch
das elektrische Verhalten der verletzten Nerven und Muskeln im
lebenden Körper untersucht hat. Unter günstigen Bedingungen
der Ernährung tritt sehr bald auch am Muskel eine Abgrenzung
unter Verschwinden des Längsquerschnittstromes ein. Diesen Vor¬
gang, den man als Beginn des mit komplizierten Wachstums¬
prozessen verknüpften Heilungsvorganges anzusehen hat, kann
man als „Demarkation“ bezeichnen (s. oben). Die Demarkation
nach der Verletzung ruft also nicht den Strom hervor, sondern
im Gegenteil, sie bringt ihn zum Verschwinden.
Der Längsquerschnittstrom derNerven zeigt ebenso
wie der des Muskels bei jeder Art der Reizung eine
negative Schwankung, die ebenfalls auf einer Verminde¬
rung der elektromotorischen Kraft desselben beruht. Bei
elektrischer Reizung muß dafür gesorgt sein, daß die Reizströme
nicht zum Galvanometer durch Stromschleifen gelangen. Man
leitet einen möglichst langen Nerven an einem Ende vom Längs¬
und Querschnitt ab und legt ihn am anderen Ende über die Elek¬
troden des Reizstromes. Am besten verwendet man hierzu wiederum
die Wechselströme der sekundären Spule eines Schlitteninduktoriums
von mäßiger Stärke. Da diese in ihrer Wirkung auf ein Galvano¬
meter sich aufhehen, so können sie nicht so leicht zu täuschenden
Ablenkungen Veranlassung gehen. Man überzeugt sich davon,
wenn man den Nerven an einer Stelle zwischen den ableitenden
und erregenden Elektroden durchschneidet und wieder aneinander¬
legt, oder ihn mit feuchtem Faden unterbindet oder auch völlig
durchquetscht. Hierdurch wird jede Leitung der Erregung auf¬
gehoben. Dasselbe Verfahren muß man auch bei direkter Muskel¬
erregung (s. oben) anwenden, wo es wegen des größeren Quer¬
schnittes leichter zu Stromschleifen kommen kann, als hei dem
verhältnismäßig dünneren Nerven. Auch unterbrochene konstante
Ströme lassen sich zur Reizung benutzen, doch tut man in diesem
Falle gut, Wechselströme zu wählen, da Ströme von konstanter
Richtung noch eine andere Änderung infolge der inneren Polari¬
sation hervorrufen, die hei der einen Richtung die negative Schwan¬
kung verstärken, bei der anderen dagegen schwächen und dadurch
den Sinn der Ablenkung umkehren können (s. weiter unten).
Auch bei tetanischer Reizung mit Induktionsströmen ist es ge¬
raten, sich bei genaueren Messungen nicht des gewöhnlichen
Bernstein, Elektrobiologie. 9