Das fortlaufende Rechnen nach Kraepelin
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Die quantitative Bestimmung des durch den Antrieb zu
Beginn der Arbeit erzielten Effektes geht von der Erfahrung aus,
daß eine so extreme Willensspannung, wie sie der Antrieb vorstellt,
nur kurze Zeit aufrechterhalten werden kann; jedenfalls ist er
in den zweiten fünf Minuten der Arbeitsleistung bereits ge¬
schwunden. Aus dem Vergleich der in den ersten und zweiten
fünf Minuten produzierten Arbeit ist ein Ausdruck für die Größe
des Antriebes zu gewinnen. JSTur muß dabei berücksichtigt werden,
daß im zweiten Arbeitsabschnitt bereits Übung, Anregung, Ge¬
wöhnung und Ermüdung wirksam sind. Man muß also die Leistung
des zweiten Abschnittes erst um den Betrag der Übung, Ge¬
wöhnung und Anregung für die ersten fünf Minuten herabsetzen
und um denjenigen der Ermüdung erhöhen, um durch Sub¬
traktion von der Leistung des ersten Abschnittes die Größe des
Antriebes zu bestimmen.
Da nur ein Teil der Autoren neben der Quantität auch die
Qualität der Produktion berücksichtigt hat, stehen uns über Fehl¬
leistungen beim Addieren heute noch verhältnismäßig wenig Er¬
fahrungen zur Verfügung. Schon jetzt treten aber wesentliche
individuelle Differenzen sowohl hinsichtlich der Zahl von
EehlernundVerbesserungen als im Verhältnis beider
hervor. So fand Amberg eine Eehlerzahl von 0*0697 bis 0*0917%
und bei zwei Versuchspersonen 3*98 und 5*38% Verbesserungen,
während Rivers 0*085 bis 0*104% Fehler, dabei aber nur 0*92 bis
0*98% Verbesserungen beobachtete.
Die Versuche von Rivers ergaben, daß zwischen Geschwindig¬
keit der Arbeitsleistung und Zahl der Verbesserungen ein Parallelis¬
mus besteht, indem mit der Zunahme oder Abnahme der Leistung
die Zahl der Verbesserungen steigt oder fällt. Doch erfolgt bei
letzteren sowohl das Steigen als das Sinken regelmäßig in stärkerem
Maße als die Leistung selbst. Rivers hat aber in anderen Versuchs¬
reihen auch ein gegenteiliges Verhältnis gefunden, nämlich Zu¬
nahme der Verbesserungen trotz abnehmender Arbeitsleistung.
Bei der Deutung dieses Widerspruches ist zu berücksichtigen,
daß wir es mit verschiedenen Qualitäten von Fehlern und Ver¬
besserungen zu tun haben, denen auch verschiedene psychische
Bedingungen zugrunde liegen. In dieser Hinsicht hat Rivers be¬
sonders zwei Mechanismen unterschieden: 1. Hast in der Pro¬
duktion, wodurch eine vorzeitige Auslösung von Schreib¬
bewegungen erfolgt. Es handelt sich dabei um eine Steigerung der
motorischen Erregbarkeit, wobei unwillkürlich falsche Zahlen
niedergeschrieben werden, ehe noch eine zuverlässige Bechnung
durchgeführt ist. Diese Irrtümer haben die Bedeutung von Schreib¬
fehlern und sind motorischen Fehlreaktionen im Beaktionsversuche
gleichzustellen.