Methoden der Psychologie des Gefühlslebens
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Bewußtsein aufgedrängte Vorstellung ver¬
schmilzt.
Ich spreche zunächst von der Verfälschung der Wahrnehmung.
Es ist ein bekanntes Phänomen, welches man häufig bei den
hier in Betracht kommenden Kranken findet, daß sie glauben,
mit feindseligen Blicken beobachtet zu werden, sobald sie sich
auf der Straße sehen lassen.
Die mißtrauische Verstimmung hat auf Grund ihrer assozia¬
tiven Beziehungen die Tendenz zur Beproduktion der Vorstellung
feindseliger Handlungen. Sie muß deshalb bei einem bestimmten
Verhalten der Umgebung gegen den Patienten die Tendenz haben,
die Vorstellungen eines feindseligen Verhaltens bestimmter Art
(hier des feindseligen Blickes) wachzurufen.
Wenn schon allgemeine Verfolgungsideen zur Ausbildung
gekommen sind, so werden diese bei einem bestimmten Verhalten
der Umgebung ebenfalls die Tendenz haben, die Vorstellung eines
feindseligen Verhaltens dieser Art zu erzeugen, wodurch dann die
Tendenz der mißtrauischen Verstimmung verstärkt wird.
So wird also die Wahrnehmung verfälscht.
Die Wahrnehmung ist aber auch bei diesen Kranken zuweilen
eine einseitige, was wir darauf zurückführen, daß die mißtrauische
Verstimmung bewirkt, daß die mit mißtrauischer Affektbetonung
begleiteten Züge größere Chancen haben, in den Blickpunkt des
Bewußtseins zu treten als die anderen. Jener Beisende mit Ver¬
folgungsideen, von dem wir schon wiederholt sprachen, glaubte
im Verlaufe seiner Erkrankung zu bemerken, daß die Kunden,
die er besuchte, anstatt ihres früheren auf alter Bekanntschaft
beruhenden liebenswürdigen Verhaltens ein feindseliges Verhalten
ihm gegenüber zeigten.
Die indifferenten Züge des Verhaltens wurden durch falsche
Assimilation in feindselige verkehrt, die liebenswürdigen Züge
desselben (wie sie bei 15jährigen Bekannten natürlich sind), waren
von ihm einfach nicht bemerkt worden.
Woher es kommt, daß die mißtrauische Verstimmung gerade
Züge mit mißtrauischer Affektbetonung in den Blickpunkt des
Bewußtseins rückt (und darin fixiert), brauchen wir wohl nach
der ähnlichen Erörterung bei Besprechung der einseitigen Fixie¬
rung der Vorstellung nicht näher auseinanderzusetzen.
Wir haben so gezeigt, wie das in den Wahrnehmungen und
Vorstellungen gegebene Material für das Urteilen durch die
emotionelle Anomalie modifiziert wird. Durch diese Modifikation
muß natürlich auch das Urteil beeinflußt werden. Man be¬
greift aber jedenfalls hieraus nicht, daß
die von den emotionellen Anomalien ab-