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Fritz G-iese
hälfte auf gef aßt. Stier1) hat in breiten Untersuchungen diese
Dinge einer näheren Prüfung unterzogen und dabei darauf hin¬
gewiesen, daß die Linkshändigkeit vor allem kennzeichnend bei
feineren, komplizierten und koordinierten Bewegungen sei. Die
Reproduktion und Erlernung derartiger Arbeiten falle dem
Linkser als solchem links leichter. Um einen Vergleich über die
Vertauschung dieser Befunde zu bieten, sei nachstehend nach
Stier eine Vergleichstafel, die sich auf Massenstatistiken im alten
Heer bezieht, wiedergegeben (Prozentsätze).
TABELLE 3.
Formen der Arbeit
! Rechtser
arbeiten
bevor¬
zugt
1 rechts
i
Linkser arbeiten dabei bevorzugt links
Ersatz-
Rekruten
1 1
; !
Ein¬
jährige
Mehr-
j ähr .Frei¬
willige
Unter¬
offiziers-
schüler j
Schuheputzen......
99-8
8-9
8-0
141
10-8
Brotschneiden......
! 99-8
! 12-0
10-0
17-7
13-5
Nähen .........1
1 99-8
; 14-3
15-5
22-9
13-5
Einfädeln........
99-7
14-0
18-5
19-5
21-6
Peitscheknallen .....
99-7
15-4
13-5
19-1
18-9
Steinwerfen.......
99-6
15-5
8-0
17-7
13-5
Kartenmischen......
99-3
15-9
17-0
20-6
18-9
Kartenausspielen.....
99-1
1
21-3
s: 1
25-0
28-9
i
35-1
Auf die Beziehungen zwischen Alter, sozialer Schicht und
Linkshändigkeit bzw. den Durchbruch der Rechtshändigkeit bei
komplizierten Vorgängen sowie die Auflösung der Einhandarbeit
in Doppelführung (beide Begriffe erläutern wir noch), sei hier
nicht weiter verwiesen. Die Zahlen geben ja die verwickelten
Möglichkeiten ihrer Begründung zur Genüge an. Das in der All¬
gemeinheit als entscheidend hervorgehobene Merkmal ist: a) die
Möglichkeit der Vererbung des Linksertums; b) der Befund,
daß andere Degenerationszeichen mit Linkshändigkeit korrelieren
(körperliche Degenerationszeichen, wie Bettnässen usw. ; psychische,
wie Stottern) können; c) das einseitigere Vorkommen der Links¬
händigkeit in bestimmten Gegenden (z. B. Süddeutschland);
d) die Korrelation zu der Bevorzugung des zugeordneten Beines
beim Linksertum in praktischen Betätigungen (Schlittern, Weit¬
sprung, Ballstoß z. B.); e) der Tatbestand einer hervortretenden
Differenzierung der Hände mit Altersfortschritt. Andere Be¬
ziehungen, wie die zwischen ausgesprochener geistiger Minder¬
wertigkeit und Linkshand oder zwischen Spiegelschrift und
Linksertum, sind noch umstritten2). Aus der Hirnverletzten-
x) Stier: Untersuchungen über Linkshändigkeit. Jena 1911.
2) Lochte: Beitrag zur Kenntnis des Vorkommens und der Bedeutung der
Spiegelschrift. Arch. f. Psychol, sowie Stern, Ps. d. früh. Kindheit. Leipzig 1925.