Das Stimmungsbild im Kunstwerk.
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gemeine Weltlage anzugeben, in der die Handlung vor sich geht.
Durch die sinnliche Anschaulichkeit seiner Bilder kann er die Um¬
gebung, die Bäume, das Geräthe, die Waffen, die Wohnungen und
alles, was zur Bezeichnung der natürlichen und sittlichen Zustände
gehört, leichter und bestimmter bieten, als es dem Dichter möglich ist.
3. Das Stimmungsbild.
1. Der Begriff des Stimmungsbildes und sein Unterschied gegen
das Handlungsbild ist früher (I. 152) dargelegt worden. Das Stim¬
mungsbild hat keine weiten und fern liegenden Ziele, keine Reihe ver¬
wickelter Mittel ; es kann wohl die Bewegung und selbst das Handeln
in sich aufnehmen, aber nur so, dass diese Bewegung oder Thätigkeit
schon als solche das Ziel ist, wie z. B. bei dem Tanzen, oder dass
das Ziel unmittelbar daran stösst und keine besondere Anstrengung
zu seiner Erreichung fordert, wie z. B.: die Jagd auf Hasen, das
Mähen des Getreides.
2. Die Mehrzahl der Stimmungsbilder haben nur Gefühle schwä-
chern Grades zu ihrem Inhalte; denn die heftigem Gefühle treiben
in der Regel zu Handlungen. Nur wo die Natur des Gefühles oder
die Umstände keine Handlung gestatten, können auch im Stimmungs¬
bilde die Gefühle zu einem hohen Grad ansteigen ; so bei den Scenen
der Märtyrer, der Sterbenden, des Begräbnisses, des Abschiedes; so
bei den freudigen Scenen des Wiedersehens, eines plötzlichen Glücks¬
falls u. s. w.
3. Das Gebiet der einfach schönen Stimmungsbilder liegt vor¬
zugsweise auf der Oberfläche des Lebens; in den alltäglichen, immer
wiederkehrenden Verhältnissen der Familie, des Erwerbens und Ge-
niessens; in der Erfüllung der einfachen Pflichten des Berufes und
Amtes. Dies Gebiet ist unerschöpflich, zumal auch bedeutungslose
und gleichgültige Thätigkeiten durch besondere Beziehungen, welche
der Künstler hervorhebt, mit einem Gefühle erfüllt und damit zu
einem Seelenvollen und zum Stoffe eines Kunstwerkes erhoben werden
können. Dichter und Maler haben in künstlerischer Behandlung von
solchen Stoffen gewetteifert. Spinnen, Nähen, Kochen, Pflügen, Sägen
und unzählige andere, an sich bedeutungslose Thätigkeiten des täg¬
lichen Lebens sind auf diese Weise zum Stoff für zierliche Genre-
Bilder oder Lieder erhoben worden.
4. Auch das Erhabene kann den Inhalt des Stimmungsbildes
abgeben. Insoweit ein Erhabenes nicht mit einem andern Erhabenen
gleicher Macht in Widerstreit gebracht wird, ist sogar das Stimmungs-